Der "Harvester" entastet die Stämme in weniger als einer Minute. Fotos: Mutschler Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Borkenkäfer und Stürme sorgen für große Schäden / Preise sind im Keller: Schadholz ist schwer zu verkaufen

Dominik Leitz ist derzeit nicht zu beneiden. Er ist Revierförster auf dem Dobel und damit in dem Gebiet, das vom Borkenkäfer derzeit im Kreis Calw am stärksten betroffen ist. Im Vergleich etwa zum nahe gelegenen Stadtwald in Bad Wildbad macht in seinem Revier der hohe Fichtenanteil Sorgen.

Dobel. Das Forstrevier von Dominik Leitz erstreckt sich von Dobel bis hinunter ins Eyachtal in Richtung Grenze zum Landkreis Rastatt. Hier beträgt der Fichtenanteil mehr als 50 Prozent. Und das sorgt für Probleme. Denn die Trockenheit und vor allem der Borkenkäfer schädigen die Bäume derzeit in großem Umfang. Und wenn dem Treiben kein Einhalt geboten wird, können aus einem Baum in einem Jahr bei drei Käfergenerationen bis zu 8000 geschädigten Bäumen werden.

Dass das Gebiet auf dem Dobel besonders betroffen ist, hat mehrere Gründe: So gibt es durch die Reparationshiebe von Engländern und Franzosen, die sogenannten "E- und F-Hiebe", eine große Anzahl der schnell wachsenden Fichten, um die Wälder schnellstmöglich wieder aufzuforsten. In dem Revier kommt dazu, dass durch die Südhanglage mehr Wärme an die Bäume kommt und der felsige Boden kann das Wasser nicht gut speichern. Und durch diese Trockenheit sind die Bäume dann geschwächt und somit anfälliger für den Buchdrucker, also den Borkenkäfer, der die Fichte befällt.

Wie in anderen Revieren gibt es einen Einschlagstopp

Wie in anderen Revieren auch, gibt es auch hier einen Einschlagstopp für die normale Nutzung. "Wir machen nur noch ›Kalamitätsholz‹", sagt Hubert Hettinger, Büroleiter im Forstlichen Hauptstützpunkt Calmbach des Landkreises Calw. Das Holz selbst könnte noch vermarktet werden. "Von der Stabilität her kein Problem", sagt Leitz. Allerdings bekomme Käferholz eine unschöne Verfärbung. Das größte Problem aber ist der Preisverfall, weil extrem viel Holz auf dem Markt sei, so Hettinger weiter. Dies sei europaweit durch Stürme und Käferbefall im vergangenen Jahr ein großes Problem. Dabei sehe es im Kreis Calw noch vergleichsweise gut aus. "Hier ist der Wald noch grün. In anderen Kreisen, etwa im Südschwarzwald, im schwäbisch-fränkischen Wald oder in Hessen seien die Schäden teilweise so hoch, dass die Förster und Waldarbeiter in bestimmten Gebieten gar nichts mehr machen.

Diese Situation gelte es hier zu vermeiden. Deshalb ist es wichtig, dass "Käferlöcher" so früh wie möglich erkannt werden, damit sich die Schäden in Grenzen halten. Bei den topografischen Begebenheiten hilft es oft nur, die Waldstücke abzulaufen und die Bäume einzeln anzuschauen und nach Anzeichen wie Bohrmehl und anderen Schädigungen und Anzeichen auf Käferbefall zu suchen. Und das dauert. Für einen Hektar braucht Leitz etwa eineinhalb bis zwei Stunden. Auf seinem Gang durch das Revier hat er immer ein Tablet mit spezieller App dabei. Hier kann er mit Satellitenunterstützung punktgenau Käferschäden markieren und die Waldarbeiter erkennen in ihren Geräten sozusagen in "Echtzeit", wo sie als nächstes hin müssen, um Bäume zu fällen.

Wichtig ist es dabei, den Käfer vor dem Ausflug zu finden und den Baum zu fällen und so den Käfer unschädlich zu machen. Das muss schnell gehen. Deshalb arbeiten die Waldarbeiter auch anders als gewohnt und ziehen die Bäume komplett mit Ästen an die Wege, an denen der "Harvester" oder Vollernter entlang fahren kann. Der übernimmt dann das Entasten und sägt den Baum innerhalb kürzester Zeit auf die gewünschte Länge. Dies dauert weniger als eine Minute und sei nötig, um der Lage Herr zu werden. Denn so könnten die Waldarbeiter schneller wieder an anderer stelle eingesetzt werden.

Rund 3500 Festmeter Holz haben die Arbeiter in dem Revier bereits gefällt. Geld dürfte damit angesichts des Preisverfalls auf dem europäischen Markt nicht genug werden, um die Kosten zu decken. Aber: "Der Wald bringt der Gesellschaft etwas, also muss die Gesellschaft auch für den Erhalt bezahlen", findet Leitz. Und genau darum gehe es derzeit, ergänzt Hettinger: "Um den Walderhalt." Und das mit allen nötigen Mitteln –vom Häckseln der Baumkronen über das Entrinden der Stämme bis hin zum Extremfall – dem Begiften der Bäume.

Nur in Krisenfällen mit Ausnahmegenehmigung ist Begiften erlaubt

Dies sei nur in Krisenfällen mit Ausnahmegenehmigung möglich, wenn der Notstand ausgerufen wurde. Dass dies hier der Fall ist, sieht man auf dem Weg zurück, denn an einer Stelle wird wirklich Gift gespritzt. Als "ultima ratio", wie es Hettinger bezeichnet.

Und wie sieht die Zukunft aus? "Bisher war es noch nie so extrem", sagt Hettinger, der 1987 in Bad Herrenalb als Revierförster angefangen hat. Er spricht davon, dass "noch nie so einen extrem trockenen Sommer" wie im vergangenen Jahr gegeben habe. Auch die Häufigkeit von Sturmschäden lasse "in Richtung Klimawandel" schließen. Wie es nächstes Jahr wird, könne im Moment noch niemand sagen. Das hängt zum einen davon ab, wie man die aktuelle Situation in den Griff bekomme. Und dann hoffen Leitz und Hettinger auf ein nass-kaltes Frühjahr: "Das wäre das Richtige." Dann nämlich fliegen die Käfer später und können sich nicht so oft vermehren, vor allem, wenn es im Sommer kühle Nächte mit weniger als 13 Grad gebe.

Bei allen Schäden scheint der Kreis Calw zumindest dieses Mal noch einigermaßen glimpflich davonzukommen. Und so stellt Leitz klar: "Das ist eine ökonomische Katastrophe, eine ökologische nicht."