Gericht: Plötzlich sitzt ein Mann in Zelle

Bad Dürrheim/VS-Villingen. Ein heute 27-jähriger Georgier war 2018 nach Deutschland gereist, um hier bei einer Taufe die Patenschaft für das Baby zu übernehmen. Doch er sei knapp bei Kasse gewesen, erzählte er nun im Villinger Gerichtssaal, wohin ihn sein schicksalshafter Weg schließlich führen sollte.

Zunächst war er am 22. November 2018, nachmittags um 15.30 Uhr, aus Geldnot auf eine dumme Idee gekommen: Er ging in die Filiale eines großen Elektronik-Fachmarkts in Bad Dürrheim und schlitzte dort mit einem Teppichmesser zwei Packungen mit Nokia Motorola Handys auf, um die Geräte zu stehlen. Er wurde erwischt und neben dem Teppichmesser fanden die Polizisten in seiner Hosentasche auch noch ein Taschenmesser.

Kaum deutsch sprechend, verstand er danach die Hinweise der Polizei, wonach er sich bei dieser nochmal zu melden habe, nicht. "Er dachte, es komme nochmal jemand auf ihn zu und hielt sich in der Wohnung seiner Freunde zur Verfügung", schilderte die Anwältin des jungen Mannes später vor Gericht. Doch nachdem der Georgier rund zwei Wochen lang nichts gehört habe, sei er davon ausgegangen, die Sache sei im Sande gelaufen, und er habe seine Rückreise geplant. Später jedoch klickten am Flughafen die Handschellen statt des Sicherheitsgurtes im Flugzeug nach Georgien. Weil er sich nicht mehr bei der Polizei gemeldet hatte, war er per Haftbefehl gesucht und bei seiner Ausreise geschnappt worden.

Wegen Diebstahls mit Waffen musste sich der 27-Jährige deshalb vor Gericht verantworten. In seinem Fall wäre nicht mit einer Haftstrafe zu rechnen gewesen. Doch wegen seines unabsichtlichen Fluchtversuchs verbrachte der junge Mann mehr als vier Monate in Untersuchungshaft im Gefängnis – fernab seiner Heimat und seiner Familie, zu dem auch sein fünfjähriger Sohn gehört. Kein Weihnachtsfest mit Frau und Kind, kein fünfter Geburtstag des Kindes im Kreise der Familie, stattdessen der Ausblick hindurch schwedische Gardinen im Villinger Amtsgericht.

"Die Untersuchungshaft ist eigentlich schon Strafe genug", befand seine Anwältin vor Gericht und schilderte, wie die langsam mahlenden Mühlen der Justiz eine raschere Bearbeitung dieses Falls verhindert hatten.

Immerhin waren sowohl Staatsanwaltschaft als auch Richter Christian Bäumler ob der unglücklichen Umstände milde gestimmt: Der 27-jährige Mann wurde zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt – er wurde direkt entlassen und wollte schon tags darauf den Flieger besteigen, um endlich wieder bei seiner Familie zu sein.