Vor dem Amtsgericht Oberndorf wurde der Fall um die beiden Raser verhandelt. Sie sollen ein Autorennen auf der A 81 veranstaltet haben. Foto: © U2M Brand – stock.adobe.com

Zwei stark motorisierte Autos mit Schweizer Kennzeichen liefern sich ein Rennen auf der A 81. Was nach einem Vorurteil klingt, soll sich so zwischen den Anschlussstellen Sulz und Oberndorf zugetragen haben. Den Rasern wurde nun der Prozess gemacht.

Kreis Rottweil - Am 24. Oktober 2021 gegen 15.20 Uhr hätten die beiden Angeklagten auf der A 81 zwischen Sulz und Oberndorf zunächst den Verkehr ausgebremst und dann auf ein Handzeichen das Beschleunigungs-Potenzial ihrer sportlichen Wagen auf rund 500 Metern Asphalt ausgereizt, so die Anklage der Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht Oberndorf.

Angeklagte wollten nur Toilettenpause absprechen

Das bestätigt auch der 36-jährige Zeuge, der an besagtem Tag direkt hinter den 25- und 28-jährigen Verdächtigen fuhr. "Dieses Fahrverhalten, ständiges Abbremsen und Beschleunigen, haben ich und meine Frau über längere Zeit beobachtet." Als der 28-Jährige mit seinem Audi S3 dann aber beim Überholversuch des Zeugen plötzlich nach links ausgeschert und gebremst, sprich fast einen Auffahrunfall verursacht habe, befahl er seiner Frau: "Ruf die Polizei!"

Von einem Autorennen wollen die beiden Angeklagten, vom Berufsstand jeweils Pilot und wohnhaft in der Schweiz, nichts wissen. Die Begründung für das langsame Nebeneinander-Fahren auf dem zweispurigen Autobahn-Abschnitt: "Wir wollten uns zu einer Toilettenpause absprechen und die nächste Raststätte ansteuern."

Autofahren als Hobby

Es sei abwegig von einem Autorennen zu sprechen: "Wir sind beide Piloten und übernehmen tagtäglich Verantwortung für mehrere hunderte Menschen." Den knapp 450 PS starken Boliden – einen BMW M5 – hätte er nie ausgefahren, erklärt zudem der 25-Jährige.

Was war der Anlass für die Reise der Schweizer? Mit drei weiteren Freunden, die jeweils in eigenen Autos unterwegs waren, habe man übers Wochenende eine Ausfahrt nach Stuttgart geplant. Der Weg sei das Ziel gewesen – bei der Hinfahrt habe man daher extra landschaftlich anspruchsvolle Landstraßen über den Schwarzwald gewählt. Da dort auf der Rückfahrt von der Motorworld Böblingen am Sonntag aber Stau herrschte, wählten die Angeklagten die A81.

Fahrerlaubnis umgehend entzogen

Zumindest bis zum Autobahnkreuz Donaueschingen/Bad Dürrheim hat das auch funktioniert, dann tauchten aber zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei mit "Bitte folgen"-Aufschrift auf und zogen zwei der fünf Fahrzeuge aus dem Verkehr – darunter der 25-Jährige mit dem BMW. Weil man in der Gruppe fahren wollte, steuerte auch der Angeklagte im Audi die nächste Abfahrt an, wo wenig später die Polizei auch ihm die Fahrerlaubnis auf deutschem Boden entzog, die er bis zur Verhandlung auch nicht mehr erhielt.

Was den Angeklagten zum Verhängnis wurde: Zwei Funkgeräte, mit denen sie über die Fahrt hinweg kommunizierten. "Das sieht natürlich doof aus", gestand der 28-Jährige. Aber: "Ich hatte das Funkgerät aus und deshalb hat mein Kumpel mir eben ein Handzeichen zur Toilettenpause gegeben."

Unterschiedliche Sichtweisen

Für die gesamte Verhandlung gilt: Die Aussagen der Angeklagten und Zeugen unterscheiden sich deutlich. Laut den potenziellen Rasern habe kaum Verkehr geherrscht, beim Ausscheren des 28-Jährigen wäre mehrere hunderte Meter hinter ihm kein Fahrzeug gewesen und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h sei nicht existent gewesen. Der 36-jährige Zeuge berichtete Gegenteiliges.

Immer wieder war der 28-Jährige bemüht, seine Sicht der Dinge darzustellen: "Ich bin ein sicherer Autofahrer, bin jährlich über 30 000 Kilometer unterwegs und habe gute Bewertungen von Mitfahrern auf Online-Plattformen." Diese hat er sogar ausgedruckt zur Verhandlung nach Oberndorf mitgebracht. Auch psychologische Gutachten seines Arbeitgebers sollen seine Unschuld beweisen.

Zeuge verwechselt Farben der Autos

Die Richterin wollte den beiden dennoch nicht so recht glauben: "Warum sollte der Zeuge lügen. Für mich klingt das glaubhaft." Die Verteidiger verwiesen wiederum auf die lückenhaften Erinnerungen des Zeugen, der die Farben der Autos mehrmals durcheinander würfelte.

Das Ende der Rasergeschichte: Nach einem Austausch von Richterin, den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von jeweils 3000 Euro eingestellt. Begünstigt wird mit der Strafe der Förderverein für krebskranke Kinder in Tübingen. Die Richterin begründete, dass bei den Angeklagten keine Wiederholungsgefahr herrsche und diese bisher strafrechtlich sowie bei Verkehrsdelikten nicht in Erscheinung traten. Die Strecke des Rennens sei zudem überschaubar gewesen.

Vorurteil bestätigt

So sind die Angeklagten nochmal mit einem blauen Auge davongekommen. Das Vorurteil über rasende Schweizer auf deutschen Autobahnen wurde aber durch den Fall wohl wieder einmal befeuert.