In Deutschland gibt es immer weniger Apotheken. Foto: Marcus Brandt/dpa

Kunden der Moriz-Apotheke in Rottenburg stehen jetzt vor verschlossenen Türen: Nach 31 Jahren gibt Apotheker Michael Hailer seinen Laden auf. Und damit ist er nicht allein: Immer mehr Apotheken in Deutschland schließen ihre Pforten.

Rottenburg/Region - Seit 31 Jahren war er der Chef der Moriz-Apotheke in Rottenburg. Bis jetzt: Pünktlich zum Jahresende schließt die Filiale in der Rottenburger Königsstraße.

"Ich habe mich dazu entschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen. Der letzte Öffnungstag ist der 30. Dezember", schreibt Geschäftsführer der Apotheke Michael Hailer in einer E-Mail an die Redaktion. Der Grund? "Die Suche nach einem Nachfolger war leider nicht erfolgreich."

Über Zeitungsanzeigen, den pharmazeutischen Großhandel und Agenturen habe er gesucht, so eigentlich viele Möglichkeiten ausgeschöpft, wie Hailer im Gespräch berichtet. Einige Interessenten habe er gehabt, doch schlussendlich konnte niemand für die Apotheke gewonnen werden. Und dafür gebe es einen guten Grund, wie der bald 70-Jährige glaubt. "Die junge Generation ist nicht mehr bereit, ein solches Engagement und Risiko auf sich zu nehmen", vermutet der Pharmazeut. Eine eigene Apotheke zu führen, für diese Rund um die Uhr im Dienst zu sein, mit nur einem freien Nachmittag in der Woche und das für 31 Jahre, "ist ein wahrer Marathon und immer ein Kraftakt", so der Pharmazeut. Er verstehe jeden, der sich deshalb gegen diese Verantwortung entscheidet: Unter dieser leidet meist die Familie und die Zeit für sich: "Als Selbstständiger spielt der Beruf natürlich überall die erste Geige", seufzt Hailer.

Eine Apotheke führen – finanziell nicht tragbar?

Auch Klaus Müller von der Marien-Apotheke in Ergenzingen machte ähnliche Erfahrungen. Auch er gibt zum Ende des Jahres seinen Laden auf, jedoch in gute Hände – sein 28-jähriger Sohn tritt in seine Fußstapfen. Ein Glücksfall, so kennt auch er das Problem fehlender Nachfolger. "Mit Apotheken verhält es sich genauso wie mit Arztpraxen. Zum Problem des ländlichen Raums kommt noch ein weiterer Faktor: Man muss davon leben können", erklärt der 64-Jährige. "Gerade für Frauen, die oft eben in Teilzeit arbeiten, geht das finanziell überhaupt nicht mehr", stellt Müller fest.

Ist neben Ärzte- und Medikamentenmangel nun also der Apothekermangel das nächste Problem? Mit Blick auf die Statistik sieht es jedenfalls nicht gut aus, wie Frank Eickmann, stellvertretender Geschäftsführer und Pressesprecher des Landesapothekerverbandes ausführt: "Seit 14 Jahren schließt statistisch heruntergebrochen deutschlandweit jeden Tag eine Apotheke", bestätigt Eickmann.

Die Arzt-Dichte im ländlichen Raum sei dafür verantwortlich. Nur wo es viele Ärzte gibt, lohnen sich auch Apotheken, denn 80 Prozent des Einkommens werden über verschreibungspflichtige Medikamente, also den Rezepten gewonnen. So sei besonders die Frage des Standortes elementar für die wirtschaftliche Perspektive.

Beruf trotzdem noch zukunftssicher

Ähnlich wie auch bei der Buchpreisbindung in Deutschland, gibt es nämlich auch bei Medikamenten eine Preisbindung. Und die Packungspauschale, von der die Apotheker leben, wurde seit acht Jahren, das letzte Mal 2014, nicht angehoben. "Eine Apotheke zu kaufen ist nicht billig und mit diesen Aussichten im Moment keine gute Perspektive", gibt Eickmann zu bedenken. Dennoch sagt er auch ganz klar: "Wir brauchen Pharmazeuten! Eine Ausbildung etwa zum pharmazeutisch-technischen Assistenten oder zum pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenten ist zukunftssicher und gefragt!"

Für Michael Hailer geht es ohne seine Apotheke in die Zukunft. Die Anteilnahme seiner Kunden sei sehr reizend, jeden Abend komme er mit einer Flasche Wein nach Hause – dabei lacht ein Auge und das andere weint. Trotzdem freue er sich auf mehr Freiheiten und Zeit mit der Familie.