Polizisten sicherten das Unglücksfahrzeug, mittlerweile konzentrieren sich die Ermittler auf das Umfelds des 35-Jährigen. Foto: AFP

Nach der Amokfahrt vom Samstag in Heidelberg, bei der ein 73-jähriger Passant getötet wurde, ermittelt die Polizei nun im Umfeld des 35-jährigen Tatverdächtigen. Er wurde auf der Flucht angeschossen und liegt noch in einer Klinik.

Heidelberg - Auch zwei Tage nach der tödlichen Autofahrt in eine Menschengruppe vor dem Kaufhof auf dem Heidelberger Bismarckplatz ist das Motiv des Tatverdächtigen offen. Der 35-Jährige, der am Samstagnachmittag einen 73-jährigen Passanten getötet und zwei weitere Menschen leicht verletzt hat, liegt in einer Heidelberger Klinik; er wird von der Polizei bewacht und soll in einigen Tagen in ein Gefängniskrankenhaus verlegt werden. Er war, wie berichtet, unmittelbar nach der Tat wenige hundert Meter vom Bismarckplatz entfernt auf der Flucht von einem Streifenbeamten mit einem Schuss in den Bauch gestoppt worden. Nachdem er sich zum Tatgeschehen nicht äußern wolle, habe man Ermittlungen in seinem persönlichen und privaten Umfeld aufgenommen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim. Man werde „natürlich alles abklopfen“, um die Motivlage zu klären. Dabei werde es auch um die Frage gehen, ob der 35-Jährige möglicherweise schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sei. Berichte lokaler Medien, wonach er in der Vergangenheit in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, könne man bisher nicht bestätigen. Es werde voraussichtlich noch einige Tage oder Wochen dauern, bis man abschließende Ergebnisse habe.

Über den Fahrer weiß man noch nicht viel

Für einen terroristischen Hintergrund der Tat gebe es nach wie vor keine Anhaltspunkte, versicherte der Sprecher der Heidelberger Staatsanwaltschaft. Der Beschuldigte studiere Informatik an der Uni Heidelberg und sei dort auch als Mitarbeiter beschäftigt. Viel mehr wisse man bisher nicht über ihn. Auch die Frage, ob er den Mietwagen, den er bei der Tat benutzte und den er nach bisherigen Ermittlungen erst seit zwei Wochen fuhr, gezielt für die Todesfahrt angemietet hat, könne man noch nicht beantworten. Der 35-Jährige habe bei der Eröffnung des Haftbefehls am Sonntag ausdrücklich erklärt, dass er keine Angaben zur Sache machen wolle.

Fast so sehr wie die Todesfahrt selbst beschäftigten die Ermittler auch am Montag noch die Netz-Reaktionen. Es seien mehr als 1000 Posts und Tweets mit teils beleidigenden und extremistischen Inhalt eingegangen, die man auswerte. Die auffälligsten wolle man auch verfolgen und sanktionieren, sagte der Polizeisprecher. „Viele der Nutzer sind offenbar der Meinung sie hätten im Netz unter dem Deckmantel von Pseudonymen wie Kartoffelsalat oder Tomatensuppe einen Freibrief und könnten tun und lassen war sie wollen – das ist aber nicht so“, erläuterte er.

Am Bismarckplatz ist der Alltag wieder eingekehrt

Rund um den Bismarckplatz ist indessen am Montag wieder der Alltag eingekehrt. Unmittelbar vor dem Verkaufsstand der kleinen Bäckereifiliale im Kaufhof, die sich der Täter am Wochenende als Zielscheibe ausgesucht hatte, erinnerten noch einige Blumen und Kerzen an die verhängnisvolle Todesfahrt. Doch schon wenige Meter weiter gingen die Passanten ihren Tagesgeschäften nach oder wärmten sich auf den Parkbänken in der Frühlingssonne. Die Stimmung in Heidelberg sei trotz des Unglücks unaufgeregt, sagte eine Sprecherin der Stadt. „Ganz im Gegensatz zu der in den sozialen Medien.“

Auch der traditionelle Fasnachtsumzug der Stadt wird am Dienstag wie geplant stattfinden und – wie immer – über den Bismarckplatz in die Hauptstraße bis vor das Rathaus ziehen. Das Sicherheitskonzept sei schon im vorigen Jahr aufgrund der Silvestervorfälle in Köln verschärft worden, bei einer Besprechung habe man zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen und die Einrichtung weiterer Sicherheitssperren vereinbart, teilte die Stadt mit. Insgesamt sei der Einsatz von mehr als 250 Polizisten, Helfern und Rettungskräften vorgesehen.