Weil er Dateien kinderpornografischen Inhalts im Internet zum Tausch angeboten hatte, wurde vor dem Nagolder Amtsgericht ein Angeklagter zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: Amtsgericht Nagold verurteilt Angeklagten zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit

Weil er kinderpornografische Filme angeschaut und im Internet zum Tausch angeboten hat, verurteilte das Nagolder Amtsgericht einen Angeklagten aus dem Raum Altensteig zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einem psychologischen Einzeltraining.

Altensteig. Laut Anklageschrift soll der Arbeitslose unter anderem einen 48 Minuten dauernde Filmdatei heruntergeladen und in einer Tauschbörse angeboten haben, die Geschlechtsverkehr von fünf Mädchen im Alter zwischen acht und zwölf Jahren mit erwachsenen Männern zeigt. Die Polizei habe noch "wahnsinnig viele andere Bilder und Filme" mit kinderpornografischen, teilweise extremen Darstellungen auf dem Computer entdeckt, erklärte Staatsanwältin Miriam Wieber in der Verhandlung.

Richter Martin Link versuchte bei der Befragung des Angeklagten zu ergründen, wie es dazu kommen konnte. Heftige Streitereien der Eltern, die 2005 mit der Scheidung endeten, ein dreimaliger Wechsel der Grundschule, Mobbing in der Hauptschule, die Nichtübernahme in der Firma nach dreijähriger Lehrzeit als Maurer und zunehmende Angstzustände wurden als mögliche Ursachen genannt.

"Ich fühlte mich nicht gebraucht", sagte der Angeklagte schulterzuckend. Mit der Folge, dass er sich immer mehr zurückzog, die Tage meistens vor dem Computer verbrachte und dabei auf Sexseiten mit Kindern stieß. Er lud Dateien herunter, die im Internet auf einer Tauschbörse anbot. Die Sache flog auf, als der amerikanische Provider die verbotenen Videos entdeckte, die deutschen Strafbehörden verständigte und die Polizei die Wohnung durchsuchte. Die Ermittler beschlagnahmten seinen Computer, ein Notebook und mehrere Smartphones. Später stellte sich heraus, dass die Dateien nur auf dem PC gespeichert waren. Auf Nachfrage des Richters erklärte sich der Angeklagte bereit, auf eine Rückgabe zu verzichten, die anderen Geräte "möchte ich aber gerne zurückhaben".

Der Beschuldigte hat seit zwei Jahren eine Freundin. "Wusste sie davon?"“ Er habe es ihr gesagt, was ihm schwergefallen sei, beantwortete der Angeklagte die Frage. Nein, zu Kindern fühle er sich nicht hingezogen. Er habe aus Langeweile einfach viel im Internet gesurft und sei aus Zufall auf die verhängnisvollen Seiten gestoßen.

Elena Nonnenmann von der Jugendhilfe bescheinigte dem Täter eine ausgeprägte Unselbstständigkeit und eine verzögerte Entwicklung der Persönlichkeit. Deshalb sollte man ihn nicht nach dem Erwachsenen- sondern nach dem Jugendstrafrecht verurteilen. Positiv bewertete die Mitarbeiterin des Landratsamtes Calw, dass der junge Mann zurzeit seinen Führerschein macht, das sei ein wichtiges Kriterium zur Aufnahme einer Arbeit im ländlichen Raum. Mit dem Arbeitsamt bestehe ein loser Kontakt.

"Sie müssen aus dem Loch herauskommen", wandte sich der Richter an den Angeklagten und bat die als Zuhörerin anwesende Mutter um eine Stellungnahme. "Am Verhalten meines Sohnes gibt es nichts zu beschönigen, das ist Fakt", sagte die, "ich hoffe, er hat den Schuss vor dem Bug gehört."

Dass die Verbreitung kinderpornografischer Bilder und Filme in der Verhandlung ohne Umschweife zugegeben worden sei, wertete Staatsanwältin Miriam Wieber positiv. Eine große Rolle habe sicher gespielt, dass der Täter "viel zu viel Zeit hatte." Deshalb beantragte sie in ihrem Plädoyer, ihn zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu verurteilen. Außerdem sollte er psychologische Hilfe in Anspruch nehmen: "Ein Therapeut kann ihnen helfen und sie wieder aufbauen." Der Angeklagte bedankte sich für die "aufmunternden Worte" der Staatsanwältin. Das Strafmaß des Gerichts – Verwarnung, Ableistung von 120 Arbeitstunden, psychologisches Einzeltraining – akzeptierte der Verurteilte ohne langes Zögern.