Die Schauspieler – Lea Kirn (von links), Alexander Kruuse Mettin und Birgit Heintel – liefen zwischen den Turbinen im alten E-Werk zu Hochform auf. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder-Bote

Premiere: Regionentheater aus dem schwarzen Wald führt "Fräulein Julie" im alten E-Werk auf

Altensteig. Ein besonderer Spielort im alten E-Werk und die Adaption einer gesellschaftskritischen Tragödie in die Machtstrukturen der heutigen Konsumgesellschaft mit all ihrer Problematik ließen aus der Vorlage von August Strindberg eine moderne Inszenierung des Stücks "Fräulein Julie" werden. Das Premierenpublikum feierte gemeinsam mit dem Regionentheater aus dem schwarzen Wald und dessen Kooperationspartnern, dem Kulturamt und den Stadtwerken Altensteig, die außergewöhnliche Aufführung rund um alte Wasserturbinen.

Während in der Originalvorlage Adlige im Jahr 1888 ihre Machtstellungen ausspielten, agierte in der zeitgenössischen Inszenierung, in einer Textfassung von Regisseur Andreas Jendrusch, die Firmenelite eines wasseraufbereitenden Weltkonzerns. Die Handlung aus dem 19. Jahrhundert suchte nicht nur einen Bezug ins Heute und zum Wasser, sie wurde an die Lebenssituation der derzeitigen Konsumwelt angepasst.

Mit einem ausgelassenen Betriebsfest wurde die Mittsommernacht gefeiert. Darsteller Lea Kirn als Fräulein Julie, Birgit Heintel als Sekretärin Kristin und Alexander Kruuse Mettin als Angestellter Jean begegneten sich in einer Art Katz- und Mausspiel rund um Macht, Status und Gerissenheit. Während vom eigentlichen Fest nur die Musik aus dem benachbarten Raum zu hören war, bespielten die drei Akteure den Raum um die alten Turbinen und eine dahinter aufgebaute begehbare Rampe als Bühne. Die 40 Zuschauer im ausverkauften alten E-Werk erlebten die Darsteller hautnah zwischen rasselnden Ketten und auf Geländern sitzend oder auf den Turbinen liegend.

Eine eigens für das Stück komponierte mystische Musik von der Freiburgerin Hannah Schwegler läutete den knapp 90-minütigen Einakter ein, in dem mehrere Videoeinspielungen zu Missständen der heutigen Konsumgesellschaft in Bezug auf Wasser, Abfälle und Tierhaltung, besprochen von den Akteuren, gezeigt wurden. Alle drei Schauspieler zeigten überragende Leistungen und gingen in ihren Rollen auf, egal ob Fräulein Julie als männerverachtende und sexy Chefin im Catsuit, der karriereversessene Angestellter Jean im Anzug oder die biedere Sekretärin im Business-Look, die mit Jean so gut wie verlobt ist.

Das Spiel um Macht und Anerkennung nahm seinen Lauf, gab Einblicke in die konsum- und profitorientierte Welt, und obwohl sich Jean gegen die Anspielungen seiner Chefin wehrte, widersteht er ihren Annäherungsversuchen nicht lange.

Das Premierenpublikum war begeistert von der Übersetzung des tragischen Theaterstücks in die heutige Zeit und zeigte dies den Akteuren, dem Regisseur und dem ganzen Team mit lang anhaltendem Beifall, bevor das ganze Ensemble bei einer kleinen Premierenfeier mit den Gästen vor dieser außergewöhnlichen Kulisse im alten E-Werk auf den großen Erfolg anstieß.

Zwei weitere Aufführungen an diesem Samstag und Sonntag im alten E-Werk sind bereits komplett ausverkauft. Das Regionentheater im schwarzen Wald plant zusätzliche Vorstellungen zu Beginn des kommenden Jahres – am Samstag, 24. Februar, und am Sonntag, 25. Februar.

Weitere Informationen: www.regionentheater.de