Bernd Brenner hält die Fahne des Nostalgieradelns hoch. Foto: Schwarzwälder Bote

Hobby: Bernd Brenner fährt Nostalgierad / Ausfahrten in historischer Kleidung und ohne Smartphone

Bernd Brenner liebt es, mit seinem Oldtimer durch die Natur zu fahren. Er hat mehrere alte Fahrzeuge, die er allerdings nur zu historischen Ausfahrten aus dem Keller holt. Brenners Gefährt ist jedoch kein gepflegtes Oldtimer-Auto, sondern ein schäbiges altes Fahrrad.

Altensteig-Walddorf. Dass die alten Fahrräder nicht blank poliert und restauriert sind, tut nichts zur Sache. "Das muss so sein", erzählt Brenner. Seit einigen Jahren schwingt sich der Walddorfer zu einigen Ausfahrten auf das Fahrrad seiner Großmutter und fährt damit mindestens 50 Jahre zurück in der Zeit. "Nostalgieradeln" heißt der Trend, dem der 40-Jährige verfallen ist.

In die Kategorie Nostalgieräder fallen Drahtesel, die vor 1960 gebaut wurden und eine Klotzbremse haben, ein Klotz, der vorne auf das Rad drückt. Damit alles stilecht seine Richtigkeit hat, kleiden sich Nostalgieradler bei Ausfahrten altertümlich – beispielsweise in alten Bauernkleidern oder in Arbeitskleidung alter Handwerksberufe. Auch eine Besonderheit, die Brenner sehr zu schätzen weiß: Bei Ausfahrten bleibt das Smartphone zu Hause – gab’s damals ja schließlich auch nicht. "Das ist eher zum Entschleunigen gedacht als zum Vorzeigen", so der 40-Jährige. Klar sei ein schmuckes Fahrrad ein Hingucker, aber anders als bei Auto-Oldtimer-Fans gehe es nicht um Marken und Modelle, besondere Pflege oder etwas Besonderes zu haben.

Die Gruppe ist ein echter Hingucker

"Bei uns sind die Fahrräder so wie sie sind, und meins ist rostig", so Brenner. Er selbst besitzt drei historische Fahrräder vom Nachbarn und von seiner Großmutter. Aufwändig restauriert hat er da nichts. Hier in der Gegend gebe es besonders viele Fahrräder der Marke Bauer. Doch das sei eigentlich zweitrangig. "Das Fahrrad, das man noch irgendwo hat, macht man eben wieder fit." Dennoch findet der Walddorfer, der mittlerweile in Eutingen wohnt, die Drahtesel für den Alltag zu schade.

Brenner schätzt vor allem das Kameradschaftliche. Mit weiteren Nostalgieradlern aus den Kreisen Calw und Freudenstadt schloss er sich zu den Nostalgieradlern Nordschwarzwald zusammen. Gemeinsam sind sie bei Heimatfesten und Umzügen, aber auch bei Nostalgieausfahrten ein echter Hingucker.

Ein absolutes Muss für Brenner: Die bekannteste Ausfahrt für Nostalgieradler in Oppenau-Ibach im Südschwarzwald. "Das ist eine riesige Gaudi", freut er sich schon auf die diesjährige Ausgabe am 18. August. Nostalgieradler aus ganz Süddeutschland treffen sich auf einer Alm, so wird aus der Ausfahrt ein geselliger Spaß. Eine lustige Anekdote: Für die Abfahrt vom Berg bekommt jeder Fahrer einen langen schweren Reisigbüschel, der zusätzlich bremsen soll. Schließlich kann die Technik anno dazumal dann doch nicht mit modernen Mountainbikes mithalten. Eine Gangschaltung haben sowieso die wenigsten Nostalgieräder.

Alte Standarte bringt Brenner zum Schwärmen

Die Nostalgieradler wissen, wie man aus einer einfachen Fahrradtour eine Gaudi macht. Die altertümliche Kleidung – Brenner suchte sich alte Lederhosen und eine Weste in der Familie und im Second-Hand-Laden zusammen – machen bei Zuschauer am Straßenrand was her. Und bei Umzügen haben die Radler auch süße Leckereien für die Zuschauer dabei, natürlich stilecht verpackt, beispielsweise in Milchkannen.

Die Begeisterung für das Nostalgieradeln hängt bei Brenner eng mit Ahnenforschung zusammen. Seine Großmutter war Mitglied im mittlerweile nicht mehr existierenden Radfahrverein in Walddorf. Im Walddorfer Rathaus gibt es jedoch einen Zeitzeugen, der bei jedem Umzug des ehemaligen Radfahrvereins dabei war. Die Standarte des Vereins im Rathaus hat es Brenner ganz besonders angetan. "Die würde ich gerne mal bei einer Tour tragen", sagt Brenner, der ganz begeistert von dem historischen Relikt ist. Brenner konnte mit seinem Hobby immer mehr Menschen in seinem Umfeld begeistern. "Es ist wie eine andere Welt."