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    Organist Antal Váradi    gestaltet zusammen    mit Con Vivo die    "Stunde der   Kirchenmusik"    in Altensteig

Viermal im Jahr bietet die "Stunde der Kirchenmusik" den Besuchern der Altensteiger Stadtkirche behagliche Momente und eine seelische Auszeit. Zugleich scheinen die Konzerte den Verlauf der Jahreszeiten abzustecken und wie ein sanftes Memento an die Vergänglichkeit des irdischen Daseins zu erinnern.

Altensteig. Während der jüngsten Begegnung mit der Musik richtete der Liturg Gerd Gauss die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die Bedeutung des nachfolgenden Festes Jubilate (frohlocket), des dritten Sonntags nach Ostern und auf das 20-jährige Jubiläum des Altensteiger Blockflötenensembles Con Vivo. Gemeinsam mit dem Stuttgarter Organisten Antal Váradi gestaltete Con Vivo das traditionelle Samstagskonzert.

Vor 20 Jahren, mit lediglich vier Spielerinnen gründete die Altensteiger Blockflötistin Monika Früchtl das Ensemble, seitdem ist die Gruppe auf stolze zwei Dutzend Holzbläserinnen aus den Landkreisen Calw und Freudenstadt angewachsen. Auch ihr Repertoire-Umfang nimmt stetig zu. Bei dem jüngsten Auftritt spielten sie kleinere und größere Werke von Henry Purcell, Georg Philipp Telemann, Johann Pachelbel und Engelbert Humperdinck.

Mit viel Sorgfalt und Einfühlvermögen führte die ausgezeichnete Musikerin und Flöten-Virtuosin Früchtl ihre Frauen (der einzige Mann im Konzert war eine künstlerisch begründete "Leihgabe") durch die alte und neuere, sakrale und weltliche, andächtige und tänzerische Musik. Diese stilistische Vielfalt in Verbindung mit pastelligen Klangfarben und ruhig fließenden Phrasen verlieh der Darbietung einen innigen und nachdenklichen Charakter. In souveränen und technisch akkuraten, mitunter solistischen Tonabfolgen hielten die Instrumentengruppen stetig die dynamische Waage. In diesem respektablen Einklang hallte im "Abendsegen" aus der Oper "Hänsel und Gretel" eine hörbare Verehrung für das Wunder der Schöpfung.

Erlesene Klang-Ästhetik und tadellose Technik

Das Spiel von Antal Váradi zeichneten erlesene Klang-Ästhetik, tadellose Technik und ein unfehlbarer interpretatorischer Sinn aus. Während die Sinfonia aus der Kantate BWV 29 von Johann Sebastian Bach mit der Motorik der gleich klingenden, ebenfalls Bachschen Violin-Partita E-Dur in einer grundsätzlich konstanten, silbrigen Farbe erklang, setzte der Organist in der Kirchensonate KV 336 von Wolfgang Amadeus Mozart auf die pianistische, selektive Artikulation und eine reichere Farbpalette. Der eisern rhythmischen Disziplin trotzend, genoss die filigrane Musik auf eine geradezu unerklärliche Weise den diskreten, geschmackvollen Atem der Phrasierung.

Die emotionalen, organisch wirkenden Spannungen der drei Sätze aus "12 Charakterstücken" von Josef G. Rheinberger erschienen in abgeblendetem Farbenlicht der malerischen Registrierung als pathosfreie Miniaturen von poetischem Charme. Zum Schluss interpretierte Váradi "Präludium und Fuge über B-A-C-H", eins von elf Orgelwerken von Franz Liszt.

Aus den vier Motiv-Tönen schuf der Komponist ein Meisterwerk von einer enormen Aussagekraft, und diese dämonische, himmlisch registrierte Musik versah sein Landsmann Váradi mit glühender Dramatik, atemberaubender Technik und einer dynamischen Skala ohne Anfang und Ende.

Die Altensteiger Rohlf-Orgel bestand somit wieder ihre künstlerische Feuerprobe. Das Auditorium würdigte mit flammendem Applaus sowohl den Gastorganisten als auch "seine" heimischen Blockflötistinnen.