Die Auszubildenden der Staatsanwaltschaft Tübingen bedauerten, dass der Angeklagte aus Altensteig durch Abwesenheit glänzte. Foto: Köncke

Gericht erlässt wegen Betrugs Strafbefehl über 1000 Euro. Immer öfter erscheinen Angeklagte nicht.

Altensteig/Nagold - Das Amtsgericht Nagold hat einen Angeklagten aus Altensteig in Abwesenheit wegen Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 1000 Euro (50 Tagessätze zu 20 Euro) verurteilt.

Richter Martin Link schaute mehrmals auf die Wanduhr im Saal, erhob sich vom Stuhl des Vorsitzenden, blickte im Flur nach links und rechts, rief den Namen des Beschuldigten auf. Keine Reaktion. Daraufhin bat er den jungen Anklagevertreter, einen Strafanrag zu stellen und leistete Schützenhilfe, als dieser nicht so recht wusste, wie man bei einer solchen Sachlage verfährt. Laut Prozessordnung kann er einen Vorführungsbefehl aussprechen, einen Haftbefehl oder einen Sitzungsstrafbefehl beantragen. Nach kurzer Überlegung entschied sich der Staatsanwalt für die letztgenannte Variante.

Dem Altensteiger wurde zur Last gelegt, als Nachmieter einer Wohnung in Altensteig den zurückgelassenen Schirmständer und einen Sägebock zum Verkauf angeboten zu haben, was einer Unterschlagung gleichkommt. Sollte der Verurteilte die 1000 Euro nicht bezahlen, "wird der Strafbefehl mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen vollstreckt", informierte der Richter die Zuhörer.

Kann es sein, dass in jüngster Vergangenheit viele Angeklagten nicht erschienen sind? "Das hat zugenommen", erklärte ein Ehepaar aus Wildberg, das seit Jahren regelmäßig die Verhandlungen am Nagolder Amtsgericht verfolgt. Auf der Zuhörerbank hatten auch vier frischgebackene Referendare, die der Staatsanwaltschaft Tübingen zugeordnet sind – Platz genommen. Sie hofften, dass bei der zur Ausbildung gehörenden Verhandlung die beiden nächsten Fälle – Fahren ohne Führerschein und Trunkenheitsfahrt sowie eine in Vollmaringen begangene Körperverletzung – auch tatsächlich verhandelt werden.