Eine Glanzleistung haben die Martinskantorei und das Schwarzwald-Kammerorchester bei Händels "Messiah" vollbracht. Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Martinskantorei: Nüchterner Pärt und opulenter Händel verbinden sich zu kongenialem Duo

Meisterwerke zu verweben hat sich zur Spezialität von Martinskantor Steffen Mark Schwarz entwickelt. Beim Weihnachtskonzert der Kantorei der Martinskirche waren es Werke von Georg Friedrich Händel und Arvo Pärt – fast ein Geniestreich.

Albstadt-Ebingen. Wäre die Musik von Georg Friedrich Händel ein Weihnachtsbaum – das Grün wäre kaum noch zu erkennen unter all der üppigen Pracht, dem Glanz goldener Kugeln und Sterne. Das gilt vor allem für sein Oratorium "Messiah", dessen ersten Teil die Martinskantorei, begleitet von Solisten, vom Schwarzwald Kammerorchester und unter der Leitung von Martinskantor Steffen Mark Schwarz, in all seiner Fülle in der Martinskirche zum Besten gegeben hat.

Auf die berühmteste Passage, das polyphone Hallelujah, das alljährlich zu Weihnachten Kaiserin Sissi in ihrer Hochzeitsmesse zu hören bekommt, mussten die Zuhörer in der gut besetzten Martinskirche freilich länger warten als bei anderen Aufführungen: Arvo Pärt kam ihnen dazwischen. Der gebürtige Este komponiert schnörkellose, dafür aber besonders tiefgehende Musik – so ganz anders als Händel –, und so war der Einschub "Summa", gespielt alleine vom Streichorchester, ein reizvoller Kontrast, ehe der Chor zu seinem Höhepunkt ansetzte.

Der hatte freilich zuvor schon Großes geleistet bei den schwierigen Passagen des Händel-Werkes, in denen sich die einzelnen Stimmlagen überlagern und das Tempo anzieht. Der Text von Charles Jennens nach der King-James-Bibel – poetisches Englisch – tut ein Übriges und forderte den Sängerinnen und Sängern viel Sauberkeit bei der Artikulation ab.

Dadurch glänzten freilich auch die Solisten, allen voran die Albstädter Sopranistin Carla Thullner, die als Stimmbildnerin auch mit der Martinskantorei zusammenarbeitet. Mit Haltung, Ausdruckskraft und ihrem lupenreinen Sopran trat sie ins Rampenlicht und setzte dem Konzert – wie schon so oft – das Sahnehäubchen auf. Gut möglich, dass die Engel im Himmel ein bisschen neidisch gelauscht haben, als Carla Thullner und Altistin Julia Werner ihr Duett sangen, ist Julia Werners warmer Alt doch die ideale Ergänzung zu Carla Thullners hellem und dennoch kraftvollem Sopran.

Ebenso weit spannten Tenor Roger Gehrig und Simon Amend mit seiner lebendigen Bass-Stimme den Bogen. Gehrig meisterte die kaskadenartig fleißenden Tonfolgen herrlich auskoloriert. Amend legte viel Gefühl in seine erdige Stimme und glänzte durch bis ins Detail perfekte Artikulation.

"Das vollkommenste musikalische Werk"

Das Oratorium, das die Kritiker nach der Uraufführung in Dublin 1742 als das "vollkommenste musikalische Werk" von "höchstem Entzücken" beschrieben hatten, verlangt viel von Solisten und Chor, der sich in bester Form präsentierte, getragen von den Musikern des Schwarzwald Kammerorchesters, unter ihnen preisgekrönte Streicher wie der Cellist Sebastian Fritsch, den Steffen Mark Schwarz inzwischen mehrfach nach Albstadt geholt hat.

Gemeinsam wurden Musiker, Chor und Solisten dem Anspruch an das Oratorium voll gerecht, mit dem Händel vor allem eines erreichen wollte: Vorfreude auf die Ankunft des Messias, des Heilsbringers. Die "Vermittlung von Zuversicht und dem Glauben an eine große, von Gott geschenkte Zukunft" sei Händels erstes Anliegen gewesen, schreibt Steffen Mark Schwarz im Programm zum Konzert. Seine Akteure haben genau dieses Anliegen umgesetzt – meisterhaft und opulent, wie es Händel geplant hatte.