Rainer Günther gehört zu den Persönlichkeiten, die Albstadt besonders stark geprägt haben. Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Rainer Günther, langjähriger SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, wird heute 80 Jahre alt

Albstadt-Ebingen. Als er geboren wurde, war der Krieg bereits absehbar; fünf Monate später brach er aus. Rainer Günthers erste sechs Lebensjahre waren Kriegsjahre; in den 74, die folgten, herrschte Frieden in Europa – länger als je zuvor in der Geschichte des Kontinents: "Dafür bin ich dankbar", sagt Rainer Günther. Der langjährige SPD-Fraktionschef im Albstädter Gemeinderat wird heute 80 Jahre alt.

Aufgewachsen ist er zusammen mit zwei Brüdern in Balingen, wo er 1958 sein Abitur machte. "Ich habe dann breit studiert, denn interessiert hat mich vieles." Die Studienorte hießen Hamburg, München, Wien und Grenoble; die Fächer waren Deutsch und Französisch, aufs Lehramt. Wie für viele andere seiner Generation, deren prägende Jahre in die Nachkriegszeit fielen, war für ihn der Imperativ "Nie wieder Krieg!" absolut verbindlich. "Ich war schon in der Oberstufe pazifistisch eingestellt." Und ein begeisterter Europäer, dessen ausgeprägte Frankophilie sich nicht zuletzt in der Berufswahl niederschlug. Dem ersten Staatsexamen folgte ein korsisches Intermezzo; 1967 kam Rainer Günther dann als Lehrer ans Ebinger Gymnasium. Dort unterrichtete er 35 Jahre lang Französisch, Deutsch und Mathematik, bis zur Pensionierung im Jahr 2002 – hätte man es dem Junglehrer, der ein passionierter Studienortwechsler gewesen war, prophezeit, hätte er es wohl kaum geglaubt.

Anders als seine jüngeren Lehrer- und späteren Fraktionskollegen Martin Frohme und Elmar Maute hat Rainer Günther die 68er-Diskussionen über den Nachholbedarf der bundesdeutschen Gesellschaft in punkto Demokratie nicht mehr an der Uni, sondern an der Schule geführt. Er begeisterte sich für Willy Brandt, zögerte aber dennoch lange, ehe er sich von Erich Maier zum Einstieg in die Kommunalpolitik überreden ließ. 1972 trat er in die SPD ein; 1975 wurde er in den Gemeinderat gewählt – und nur zwei Jahre später zum SPD-Fraktionschef. Er blieb es 32 Jahre lang; zudem gehörte er 18 Jahre lang dem Kreistag an. In diesen drei Jahrzehnten war Günther fraglos Kopf, Wortführer und Leitwolf der SPD-Fraktion – und damit permanent der Feldherr mit den schwächeren Bataillonen. Zwar wurden viele der sozialdemokratischen Positionen im Lauf der Jahre mehrheitsfähig – als Beispiele nennt Günther die Ganztagsschule, die Jugendmusikschule, die Kindertagesbetreuung, die Ebinger Fußgängerzone das E-Werk Haux – , aber erst, wenn andere sie sich buchstäblich zu eigen gemacht hatten und dann auch noch den politischen Lorbeer für sich beanspruchten. "Vieles, was wir vertraten, wurde 15 oder 20 Jahre später umgesetzt – es hätte der Stadt schon früher gut getan."

Bereits als junger Stadtrat hatte Rainer Günther, der sicher die besten Französischkenntnisse im Gremium besaß, sich für die Partnerschaft mit Chambèry einspannen lassen – in diesem Jahr feiert sie ihr 40-jähriges Bestehen – und war bis vor vier Jahren die treibende Kraft der Jumelage auf deutscher Seite.

Nach wie vor engagieren er und seine Frau Ursel sich für das Kinderheim "Jardin del Eden" in Ecuador, ein Vermächtnis seines Sohnes Michael, dessen Unfalltod vor 19 Jahren für die Günthers "das Schlimmste war, was uns im Leben widerfuhr". Sie gründeten danach die Michael-Günther-Stiftung, reisen nach wie vor alle zwei Jahre nach Südamerika und haben auch Spenderreisen organisiert.