Tausende verfolgten am Wochenende die Formationsflüge auf dem Degerfeld. Foto: Karina Eyrich

Dreidimensionale Freiheit: Vier "Warbirds" im Formationsflug - das gibt es auch beim LSV Degerfeld nicht alle Tage.

Albstadt-Tailfingen - "Heavy Metal" über der Alb hatte der Luftsportverein Degerfeld (LSV) für sein Flugplatzfest angekündigt – und Wort gehalten: Am Wochenende begeisterten schnelle Jagdflieger Tausende von Zuschauern.

Gerade mal zwei Sekunden braucht Anton Reger, Erster Bürgermeister der Stadt Albstadt, um Guido Voss, den er eben erst kennengelernt hat, zu versichern: "Die Stadt steht an Ihrer Seite." Der neue Vorsitzende des LSV Degerfeld hört’s gerne: Dessen Anwälte versuchen derzeit gegen die Pläne der Stadt Burladingen vorzugehen, bei Hermannsdorf und damit in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes, Standorte für Windkraftanlagen auszuweisen – eine Entscheidung, die den beliebten Traditionsverein schwer treffen würde, denn der LSV muss 800 Meter Abstand zu Windkraftanlagen lassen und folglich die Segelflugzeuge künftige über Gauselfingen und Burladingen in die Höhe schleppen.

Der Schulterschluss mit dem LSV ist freilich nicht der einzige Grund, aus dem Reger zum Fest gekommen ist, so wie Tausende andere: Schnittige Jagdflieger will er sehen, und erlebt den Chef sogar selbst in der Luft: Guido Voss, Baujahr 1973, fliegt eine North American AT 6 Texan Super 6, die "alle NATO-Mächte in den 1980er-Jahren als Standard-Trainingsflugzeug benutzt haben", wie Voss verrät. "Sie ist leicht modifiziert, hat einen stärkeren Motor, zwei Meter weniger Spannweite, "und es gibt nur eine Maschine, die in Deutschland zugelassen ist: meine".

Mit 16 Jahren hat Voss – wie die meisten als Segelflieger – angefangen und mit 18 Jahren den Flugschein für Motorflugzeuge gemacht. Seit 1995 fliegt er für die Lufthansa, ist derzeit für "German Wings" unterwegs und zudem Ausbildungskapitän. Der Unterschied zwischen Passagierflugzeug und Jagdflieger? "Das ist derselbe wie zwischen Bus und Rennwagen", erklärt Voss. "Kunstflug, das ist wie Autorennen fahren: Hier geht man an die Grenze des physikalisch Möglichen, hat aber die Freiheit, sich dreidimensional zu bewegen."

Diese Freiheit wollen bei Kaiser-Wetter am Samstag besonders viele miterleben: Die Rundflüge laufen gut, eine vierte Maschine neben der Antonov von Gast Paul Hoffmann sowie der vereinseigenen Robin Regent und der Cessna 182, die einem LSV-Mitglied gehört, wäre ebenfalls schnell ausgebucht gewesen.

Der Moderator schickt eine Einladung an alle Frauen von "Technik-Freaks": "Wenn Sie Ihrem Mann mal etwas Besonders schenken wollen: Wilhelm Heinz nimmt auch gerne mal jemanden mit!" Schwindelfrei muss Mann da freilich sein, denn was Engelfried – mal im Formationsflug mit Guido Voss, mal im Duett mit dem französischen LSV-Ehrenmitglied Marc Matthis und seiner Curtiss P40 – am Himmel zeigt, ist umwerfend. Zeitweise würde kein Koffer mehr zwischen die Tragflächen der anderen Flugzeuge und seiner P51 Mustang passen, die am Freitag sogar Star der Landesschau im Südwestfernsehen war.

Außerdem sind Gerhard Bumüller mit der russischen Yak 3M und Dietmar Eger mit der russischen "Rata" – offizielle Bezeichnung: Polikarpow I16 – gekommen: Vier "Warbirds" aus dem Zweiten Weltkrieg mit Leistungen zwischen 1000 und 1480 PS, das gibt’s auch beim LSV nicht alle Tage.

"Wir bieten heuer die größte Luftschau Süddeutschlands – bei einem Drittel des Eintrittspreises anderer Shows", sagt Veranstaltungsleiter Siegmar Engelfried stolz. Das sei nur möglich mit vielen ehrenamtlichen Helfern des Vereins und der Unterstützung anderer Vereine, die am Eingang kassieren, an den sich eine stattliche Reihe von Verkaufsständen für Spielzeug, Accessoires und Kulinarisches anschließt.

Himmlische Ruhe kehrt auch dort nur ein, wenn die Segelflieger zwischen den Wolken gleiten: Das Franken-Team mit seinen Lo100 – ein wunderschöner Anblick.

Wie viele Flugzeuge derzeit in der Luft sind in der Region? Anton Reger weiß es ganz genau: von seiner Smartphone-App "Flight Radar". Dass jene über Albstadt an diesem Wochenende viel schöner und interessanter sind als all die Passagierflugzeuge im Raum Stuttgart, zeigt die App freilich nicht. Wer das erleben will, der muss schon selbst kommen.

Von Karina Eyrich

Wenn es eines Beweises bedurfte, welchen Stellenwert der Luftsportverein Degerfeld in der Region Albstadt hat, dann hat ihn das Flugplatzfest erbracht. Vor allem am Samstag bei herrlichem Wetter verbrachten Tausende einen entspannten Nachmittag mit Schauen, Staunen, Schmausen. So schön ruhig wie bei der Schau der Segelflieger war es aber nicht immer: Wenn die Schlepper starten, welche die Segelflugzeuge in die Luft bringen, brummt es ordentlich. Ob sich das auch Stadträte aus Burladingen mal zur Kostprobe angehört haben? Über deren Stadtgebiet und über Gauselfingen müssten die Schlepper nämlich ausweichen, wenn beim Stadtteil Hermannsdorf tatsächlich Windkraftanlagen entstünden – die Pläne für den Standort liegen im Burladinger Rathaus. Eine Entscheidung dagegen wäre im Sinne der Bürger – und eines rührigen und höchst aktiven Vereins.