Erst kamen die Legionäre, dann die Bauern und die Händler – die Passhöhe zwischen Schmiecha- und Eyachtal war im zweiten nachchristlichen Jahrhundert ein regionaler Siedlungskern an der Nordgrenze des römischen Reichs. Foto: Archiv

Gutshof nordöstlich vom badkap sucht auf der Alb seinesgleichen. Campingplatz kann trotzdem gebaut werden.

Albstadt-Lautlingen - Die Stadt Albstadt hat am Montag bestätigt, dass bei der jüngsten geophysikalischen Untersuchung nordöstlich des oberen badkap-Parkplatzes die Grundmauern einer repräsentativen Römervilla entdeckt wurden.

Die Stadt scheut in ihrer Bestandsbeschreibung nicht vor Superlativen zurück: Man habe es hier offenkundig mit dem umfangreichsten römischen Steinbaukomplex zu tun, der sich in weitem Umkreis auf der Schwäbischen Alb finden lasse. Die Mössinger Firma Terrana Geophysik hat auf einer Geländeterrasse, an die sich weiter nördlich ein steilerer Hang anschließt, die Mauerzüge eines Gebäudes mit wenigstens 38 Meter langer talseitiger Schaufront aufgespürt. Dieser Front ist im Westen ein turmartiger quadratischer Risalit von siebeneinhalb Metern Seitenlänge angefügt; nach Norden schließen sich in mehrere Räume untergliederte Seitenflügel an, die offenbar um einen rechteckigen Innenhof gruppiert sind.

Das Bauwerk wurde bei der Messung nur teilweise erfasst; die Topografie, so die Stadt, lasse jedoch den Schluss zu, dass die Bebauung in nördlicher Richtung weiter geht: Der Bau dürfte mindestens 25 bis 30 Meter breit gewesen sein und zweifellos das Zentralgebäude des Anwesens. Säulenfragmente, die bereits im 19. Jahrhundert gefunden wurden, stammen mit einiger Sicherheit von hier.

Das ist noch nicht alles: Weitere, bisher nicht bekannte Mauerzüge sind im der Portikusfront vorgelagerten Hang entdeckt worden, darunter ein mittig gelegenes, sechs mal fünf Meter großes Gebäude. Zwei weitere deuten sich unmittelbar östlich an; außerdem scheint an der südlichen Front und am östlichen Seitenflügel angebaut worden zu sein. Die Lautlinger Römervilla hat offenbar eine längere Baugeschichte mit mehreren Bauphasen erlebt – und war wohl mehr als ein landwirtschaftlicher Betrieb: Die Lage auf der Passhöhe an der europäischen Wasserscheide legt eine Funktion als Herberge, Umspann- und Straßenstation nahe – vermutlich wurde nach der Aufgabe des Kastells von hier aus die Römerstraße kontrolliert.

Die Stadt spricht angesichts dieses Befunds von einer "seltenen und exemplarischen Situation" und einem Kulturdenkmal von "herausragender wissenschaftlicher Bedeutung". Kann so ein Juwel mit einem Campingplatz in unmittelbarer Nachbarschaft koexistieren? Planungs- und Fundzone, versichert Baubürgermeister Udo Hollauer, überschnitten sich nicht; auch das Retentionsbecken, dass jetzt in den Entwurf aufgenommen wurde, liege außerhalb des kritischen Bereichs. Die Archäologische Denkmalpflege habe daher keine generellen Bedenken vorgebracht: allerdings müssten die Erdarbeiten archäologisch begleitet und etwaige Funde dokumentiert und geborgen werden. Das Flurstück aber, auf dem sich die "Villa rustica" befindet, und angrenzende Bereiche sollen nach dem Wunsch der Tübinger Denkmalpfleger unbedingt als Ausgleichsflächen ausgewiesen werden und ein "archäologisches Reservat" für zukünftige Forschung bilden.

Und die gegenwärtige? Fürs erste setzen die Archäologen auf "zerstörungsfreie Forschung und Prospektion", sprich: auf weitere geophysikalische Messungen. Erst auf der Grundlage dieser Untersuchungen, so die Stadt, könne man dann Aussagen über die Zukunft der Flächen machen.

Träumen darf man aber: Udo Hollauer kann sich ein Dreigestirn der Freizeiteinrichtungen badkap, Campingplatz und Römerpark sehr gut vorstellen