Foto: Eyrich

Es darf wieder gesprüht werden: Graffiti-Künstler haben mit dem Verschönern der Mauer begonnen.

Albstadt-Ebingen - Während andere Urlaub machen, arbeiten sie daran, Albstadt schöner zu machen: Die junge Truppe von Künstlern, die Wolfgang Wiebe zusammengetrommelt hat, um eine Mauer in eine Galerie zu verwandeln.

Wenn der Wind heftig bläst, muss er kurz aufhören. Ansonsten hält sich Christoph Hailfinger aus Tailfingen – Künstlername: Soberhead – aber mächtig ran. Denn er und seine elf Mitstreiter wollen die drei Meter hohe und nicht weniger als 143 Meter lange Bahnhofsmauer in der Poststraße in eine Galerie verwandeln: Es darf wieder gesprüht werden.

Christopher Hailfinger war vor zehn Jahren schon dabei, als Wolfgang Wiebe – Künstler aus Pfeffingen und Lehrer an der Musik- und Kunstschule Albstadt (MuKS) – die Verschönerung der trostlosen Mauer initiiert hatte. Inzwischen ist der Lack ab. Die Stadt hat mit dem Sandstrahler nachgeholfen und das Feld bereitet für neue Kunstwerke.

Vom bisherigen Graffiti ist nur das Grobe weg

Da hat der 25-Jährige sich nicht lange bitten lassen. "Am schwierigsten ist es, den Entwurf eins zu eins auf die große Wand zu übertragen", sagt Hailfinger und zeigt ein Blatt Papier, das eine Frau in einer Kapsel zeigt, angeschlossen an Schläuche und Kabel. "Sie versorgt die Stadt im Hintergrund mit ihrer Lebensenergie", berichtet der Sprayer. "Aber man muss sich schon stark konzentrieren, denn von den bisherigen Graffiti ist nur das Grobe weg."

So arbeitet Hailfinger zuerst an den großen Flächen und erst danach an den Details und den Schattierungen – eine Spezialität seines Motivs. "Genaues Arbeiten – das ist reine Übungssache. Es kommt darauf an, wie man die Dose hält."

Dieses Problem hat Eva Gompper aus Winterlingen nicht. Die 26-Jährige Studentin des Kommunikationsdesigns, die einst in der MuKS ihre Bewerbungsmappe gemacht hat und dadurch zu Wiebes Auserwählten gehört, schwingt den Pinsel statt der Spraydose. "Im Sprühen bin ich nicht so versiert, und meine Vorlage ist sehr kleinteilig – da kann ich mit dem Pinsel genauer arbeiten und fühle mich sicherer", betont sie, die gerne Acryl-Bilder malt – in normaler Größe. Um die Übersicht nicht ganz zu verlieren, hat sich Eva Gompper deshalb für einen kleinen Mauer-Abschnitt von rund zwei Metern Breite entschieden. "Wenn man so dicht daran steht, ist es gar nicht einfach, den Überblick zu behalten", räumt sie ein. "Deshalb passe ich auf, mich nicht zu sehr in Details zu verlieren – die Leute schauen das fertige Motiv ja auch von weitem an."

Seit fünf Jahren keine Dose mehr in der Hand

Anders als ihre Nachbarn war Eva Gompper vor zehn Jahren noch nicht dabei und freut sich um so mehr, diesmal mitzumischen. Ihr Motiv hat eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr: Es zeigt eine Frau mit rotem Haar. Der Clou des Gemäldes sind die Tiere im Kopf der Frau: "Sie symbolisieren ihre Gedanken." Große, kleine, grimmige, fröhliche.

Gänzlich traditionell, bleibt Christian Jegl bei der ursprünglichen Form der Graffiti-Kunst: der Schrift – bei allen drei Motiven, die er diesmal beiträgt – damit zwischen all den Figuren der anderen das Graffiti "nicht zu kurz kommt".

Das Sprühen hat sich der 30-Jährige Laufener, der nach seinem Studium des Kommunikationsdesigns seit vier Jahren in einer Münchner Design-Agentur arbeitet, selbst beigebracht. "Schon als Kind habe ich gemalt, und irgendwann kam die Dose dazu aber seit fünf Jahren hatte ich keine in der Hand", sagt er und berichtet lachend vom ersten Schütteln, das sich anfühle wie Lampenfieber: "Aber sobald der Vorhand aufgeht, ist es meine Bühne."

Auf dieser weiß "Viva Laonda" – seinen früheren "Tag", also seinen Künstlernamen, hat er sich auf den Unterarm tätowieren lassen – sich auszutoben. Sein erstes Motiv: "WEVSYOU" – es steht für "We vs. You", also "Wir gegen Dich". "Das macht mal wieder Spaß", sagt der Laufener: "Der Geruch, die Action, der Rock 'n' Roll, mal wieder ein bisschen dreckig werden und das Gefühl, mal wieder zu spüren – das ist Klasse."

Weitere Informationen: Christopher Hailfingers Internetseite: www.soberhead.deEva Gomppers Facebook-Seite: www.facebook.com/#!/mougezzChristian Jegls Internetseite: wevsyou.tumblr.com