Startet mit guten Nachrichten: Kai-Uwe Götz Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirkerei-Strickerei: Geschäftsführer Kai-Uwe Götz mahnt: "Am Puls der Zeit bleiben"

Alle 90 Sekunden wird in Deutschland ein Fahrrad geklaut. Was das mit der Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei zu tun hat und wie der neue Geschäftsführer Kai-Uwe Götz gestartet ist, haben die Mitglieder am Donnerstag erfahren.

Albstadt-Tailfingen. "Ich bin schon infiziert", bekennt Kai-Uwe Götz. Sein Vorgänger Rainer Lopau, dem er herzlich für die Einarbeitung dankt, habe 35 Jahre lang mit Leib und Seele die Maschenindustrie vertreten – und ihn mit seiner Begeisterung angesteckt, sagt der Geschäftsführer bei seiner ersten Mitgliederversammlung der Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei – und blickt gleich mal nach vorne: Eine eigene textile Ausbildungsmesse habe ihm der Geschäftsführer der Arbeitsagentur Balingen, Georg Link, vorgeschlagen, und im Februar soll sie unter dem Namen "Textil und Technik" die ausbildenden Betriebe der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie der Textilmaschinenindustrie zusammenbringen, um gezielt Auszubildende zu gewinnen, aber auch um zu zeigen, "welche Inhalte und welche Vielfalt" die Maschenindustrie im Zollernalbkreis abbilde.

Damit meint Götz die Bandbreite von der Wäsche bis zu den technischen Textilien, die auch Baubürgermeister Udo Hollauer in seinem Grußwort thematisiert: Drei Frauen hätten ein textiles Fahrradschloss erfunden, das jedem Bolzenschneider standhalte – ein Beispiel für das, was die Textilindustrie heute könne.

Weil aber auch ihre Geschichte in Albstadt nicht vergessen werden soll, schwärmt Hollauer schon mal vom "Pfad der Geschichte", der sich durch die Neue Mitte Tailfingen ziehen und die Menschen stolz machen soll auf das, was sie und ihre Vorfahren in Albstadt geleistet hätten.

Weil viele im Strukturwandel der Textilindustrie ihre Arbeit verloren hätten, sei es auch verständlich, dass manche ihr skeptisch gegenüber stünden, meint Götz und appelliert an die Mitglieder, "gerade die jungen Menschen von einer spannenden zukunftsfähigen Industrie zu überzeugen – dabei denke ich nicht unbedingt an Häkeln und Stricken – auch wenn ich in meiner Schulzeit ein begeisterter Häkler war". Dafür erntet er manches Schmunzeln der Frauen im Vortragssaal der Technologiewerkstatt.

Ein Koffer für TEXperten zum Experimentieren

Für 7. Juli hat der Geschäftsführer eine Professorin der pädagogischen Hochschule Freiburg eingeladen, die den dort entwickelten mobilen TEXperten-Koffer vorstelle, wozu Götz alle einlädt. Dann solle ermittelt werden, welche textilen Experimente eine Verbindung zu den Firmen vor Ort haben, um ihn dann an Schulen der Region einzusetzen.

Fakten aus dem Landkreis nennt Götz ebenfalls, spricht von innovativen Brennesselfasern, Anti-Zecken-Textilien, die ohne Nervengifte auskommen. Und er nennt Zahlen: 0,2 Prozent Plus bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Textilindustrie im Landkreis, 1,2 Prozent Plus bei seinen Mitgliedsfirmen 2016. Die Umsätze seien bundesweit um 0,2 Prozent, im Zollernalbkreis um 1,2 Prozent gestiegen, vor allem bei den Wäscheherstellern. Im ersten Quartal seien es schon fünf Prozentpunkte mehr – "und das trotz der angespannten Situation im Textileinzelhandel". Viele hätten den Digitalisierungsaspekt unterschätzt und hinkten den Kundenerwartungen hinterher: "Wer heute keinen Multi-Channel-Vertrieb hat, der es ermöglicht, via Internet einzukaufen, ist schon mutig unterwegs."

Dass Großkunden sich immer längere Zahlungsfristen ausbedingten – "C & A" etwa bis zu 75 Tage – gehe "nach Ansicht unserer Industrie sogar über die Grenze des gesetzlich Zulässigen hinaus".

Weil die Maschenindustrie am Puls der Zeit bleiben müsse – etwa in Sachen Digitalisierung und Big-Data-Technologien – mahnt Götz, sich nicht in der gefundenen Nische auszuruhen. Um darzustellen, was die Zukunft bringt, hat Götz – statt Comedy-Programm; auch das ist neu – Startup-Unternehmer aus der Technologiewerkstatt eingeladen, sich vorzustellen (wir werden noch berichten).