Voller nasser Wurzeln: der Weg, auf dem die Mountainbikerin fuhr. Foto: Eyrich

Mutwillig in Gefahr gebracht: Nach Großeinsatz am Traufgang könnten auf 23-Jährige Kosten zukommen.

Albstadt-Onstmettingen - Vorsicht ist geboten am Albtrauf, vor allem bei feuchtem Untergrund wie am Dienstag, als eine Mountainbikerin an der Traufkante abgestürzt ist. Ob nun Kosten für den Rettungseinsatz auf sie zukommen, hängt von mehreren Faktoren ab.

Wer ist schuld, wenn man mit dem E-Bike auf nassem Boden am Traufgang unterwegs ist und 20 bis 25 Meter in die Tiefe stürzt? Und wenn man sich dabei verletzt und Dutzende Rettungskräfte samt Hubschrauber im Einsatz sind?

Wie berichtet, ist eine 23-jährige am späten Dienstagnachmittag beim "Hangenden Stein" über die Traufkante gestürzt und hat einen Großeinsatz von Feuerwehr, DRK, Polizei und Bergwacht ausgelöst. Hat die junge Frau, die viel Glück hatte und mit Prellungen und einer Gehirnerschütterung davon kam, fahrlässig gehandelt? Wird sie für den Einsatz zur Kasse gebeten? Wohl nicht: Um ihr diesen in Rechnung zu stellen, müsse "grobe Fahrlässigkeit" nachgewiesen werden, sagt Polizei-Pressesprecher Thomas Kalmbach. Das sei hier kaum möglich. Falls doch, gebe es eine genaue Kostenliste für solche Fälle: "Auch die Polizei hat nichts zu verschenken."

Und falls nicht, wird es vom Kostenträger übernommen. Und das ist, wie AOK-Pressesprecher Erwin Graf bestätigt, die Krankenkasse: "Regressansprüche sind kaum möglich", sagt er auf Nachfrage. "Grobe Fahrlässigkeit wäre es nur, wenn sie sich absichtlich hinuntergestürzt hätte."

Anton Reger, Albstadts Erster Bürgermeister, kann die Begeisterung für den Mountainbikesport gut nachvollziehen – er teilt sie, ist selbst regelmäßig auf zwei Rädern in freier Wildbahn unterwegs und weiß auch um die Risiken: "Du hast die Natur nicht im Griff – Vollkasko gibt es nicht auf dem Bike."

Nicht nachvollziehen kann er dagegen, wenn jemand sich und andere mutwillig in Gefahr bringt: "Das ist kein ungefährlicher Sport; um so wichtiger ist, dass man ihn mit Vernunft und Augenmaß betreibt. Wenn ein Weg unmittelbar an der Traufkante schlammig und und voller freiliegender Wurzeln ist, wenn es regnet und die Sicht schlecht ist, dann sollte man doch absteigen. Wer sein Rad liebt, schiebt – oder verlegt sich lieber gleich aufs Wandern."

Ein Urteil darüber, ob die verunglückte Bikerin und ihr Begleiter groß fahrlässig gehandelt haben, erlaubt sich Reger allerdings nicht – das sollen und werden andere tun. Laut Paragraph 34, Absatz 2 des baden-württembergischen Feuerwehrgesetzes müssen Hilfeleistungen vergütet werden, wenn der Verunglückte vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat – oder wenn er ein Kraftfahrzeug führte.

Ist ein E-Bike ein Kraftfahrzeug im Sinne des Feuerwehrgesetzes? Diese derzeitige Fassung des Paragraphen stammt von 1990, als es noch keine E-Bikes gab – aber hat das etwas zu besagen? Unter einem Kraftfahrzeug versteht das Gesetz ein "maschinengetriebenes Landfahrzeug", das nicht auf Schienen verkehrt – theoretisch trifft die Definition auf E-Bikes zu. Paragraph 34,2 fällt laut Reger unter die Kategorie "Sollbestimmung"; die Prüfung des Falls durch die Feuerwehr ist also zwingend vorgeschrieben.

Was kostet ein Feuerwehreinsatz wie der am Dienstag? Schwer zu sagen, das hängt von der Zahl der beteiligten Wehrmänner ab – Reger geht von mehreren hundert Euro aus, aber das ist eine Schätzung. Für die Bergwacht kann er nicht sprechen, die untersteht dem Landkreis, und den Rettungshubschrauber zahlt die Krankenversicherung, sofern ein akuter medizinischer Notfall vorliegt. Was in Onstmettingen fraglos der Fall war.