Vor dem Hechinger Amtsgericht ging es gestern um Riesensummen, die eine Bankmitarbeiterin abgezweigt hatte. Foto: SB-Archiv

Angeklagte belasten sich gegenseitig. Mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt.

Albstadt/Hechingen - Gegenseitig belastet haben sich die beiden Angeklagten – ein 18-jähriger Syrer und ein 23-jähriger Staatenloser – am zweiten Prozesstag vor dem Hechinger Amtsgericht wegen einer Messerstecherei in der Ebinger Bahnhofstraße. Ein Zeuge bestätigte hingegen weitgehend die Anklage der Staatsanwaltschaft.

Den beiden wird vorgeworfen, in einer Gaststätte einen Streit vom Zaun gebrochen zu haben, bei dem Pfefferspray zum Einsatz kam. Als sich die Auseinandersetzung nach draußen verlagert habe, soll der Syrer einem Kontrahenten ein Messer in die Brust gestoßen haben. Der Staatenlose soll einen anderen Mann mit einem Messer in den Oberschenkel gestochen haben.

Der 23-Jährige, der zum Tatzeitpunkt bei einer Sicherheitsfirma arbeitete, gab am Dienstag an, die Toilette der Gaststätte aufgesucht zu haben, als jemand gegen seine Tür getreten habe. Als er aus der Kabine kam und fragte, was das solle, sei er von zwei Männern als "Hurensohn" beschimpft worden. Nach einer Rangelei habe ihn der Wirt an die frische Luft gesetzt. Draußen seien er und seine Kumpel von mehreren Personen angegangen worden. Sein Freund sei dabei gewürgt worden, er habe zu ersticken gedroht. Mehrmals habe er den Angreifer aufgefordert, von seinem Freund abzulassen, weil der keine Luft mehr bekomme. Schließlich habe er solche Angst um dessen Leben gehabt, dass er mit einem Sicherheitsmesser zugestochen habe, das er neben einem weiteren Messer zufällig dabei gehabt habe – er habe beide in seiner Hose vergessen. Ein Pfefferspray habe er nicht mitgeführt. Danach seien beide geflohen und hätten die Messer weggeworfen.

Mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt

Anders klang die Aussage des Syrers, der wegen der Messerstecherei in Untersuchungshaft sitzt und mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt wurde. Er sei stark betrunken gewesen – die fünfköpfige Gruppe soll an diesem Abend bereits zwei Flaschen Whiskey, mehrere Flaschen Wodka und zahlreiche Bier konsumiert haben. Deshalb habe er sich im Lokal übergeben müssen. In der Toilette habe er gesehen, wie der 23-Jährige mit Pfefferspray um sich gesprüht habe. Da auch er etwas davon ins Auge bekommen habe, habe er seinem Kumpel das Spray abgenommen, sei hinaus gegangen und habe es weggeworfen. Dort habe er seinen Kumpel mit Messer in der Hand gesehen. Von einem Messerstich wisse er nichts und habe selbst weder Messer noch Spray mitgeführt.

"Wir waren alle besoffen", sagte derjenige aus der Clique, der gewürgt worden sein soll. Der 17-jährige Syrer sitzt aus anderen Gründen zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Stammheim ein und war als Zeuge vorgeführt worden. Er gab an, dass seine beiden Kumpel jeweils mit Messer und Pfefferspray ausgestattet gewesen sein sollen. Wer von beiden gesprüht habe, wisse er nicht mehr. Vor dem Lokal seien sie geschlagen, er beinahe erwürgt worden. Wäre sein Kumpel nicht gewesen, "dann hätten die mich getötet". Beim Flüchten habe der 18-Jährige dem 23-Jährigen sein Messer gegeben und gesagt, dass er zugestochen habe.

Als letzter Zeuge sagte ein 25-jähriger Albstädter aus – jener, dem in die Brust gestochen wurde. Er berichtete von einer Pfefferspraywolke im Lokal, das sich deshalb schlagartig geleert habe. Draußen habe er den 18-jährigen Angeklagten gesehen, der mit dem Reizgas um sich gesprüht habe. Daraufhin habe er den Syrer gepackt und ihn gefragt, was das solle. Sie seien über einen Bordstein gestürzt und zu Boden gegangen. Als er wieder aufgestanden sei, habe jemand gerufen: "Der hat ein Messer!" Gleichzeitig hab er einen Stich verspürt. Als er nach unten schaute, habe er gesehen, das sein T-Shirt im Herzbereich blutüberströmt war. Ein Rettungswagen brachte ihn ins Krankenhaus, wo er genäht wurde.

Die Verhandlung wird mit weiteren Zeugenvernehmungen am Donnerstag, 5. Juli, um 9 Uhr fortgesetzt.