Voll besetzt war das Foyer der Zollernalbhalle bei der Präsentation. Foto: Kistner

Vorläufige Abschlussveranstaltung zu "Albstadt 2030". Eigentliche Arbeit fängt erst an.

Albstadt - Im November 2016 war der Prozess "Albstadt 2030 – Stadtentwicklungskonzept" angelaufen; am Mittwoch ging die Abschlussveranstaltung über die Bühne. Der Abschluss ist freilich nur vorläufig – die eigentliche Arbeit fängt ja erst an.

Die Aufgabe, vor den rund 100 Zuhörern die Leitlinien und wichtigsten Ergebnisse des Konzepts zu skizzieren, war naturgemäß den "Geburtshelfern" zugefallen, also Alfred Ruther-Mehlis und Heidrun Fischer vom Institut für Stadt- und Regionalentwicklung an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Auch in Albstadt steht die Bevölkerungspyramide auf dem Kopf; ob sie sich tatsächlich im Begriff ist, sich in eine Eieruhr zu verwandeln, wie Oberbürgermeister Klaus Konzelmann in seiner Begrüßungsansprache prognostizierte, muss sich erst noch zeigen – aber dieses Phänomen ist nicht "Albstadt-spezifisch".

Andere schon: Ruther-Mehlis hob zum einen die "erstaunliche Vielfalt", sprich: die exemplarisch dezentrale Struktur Albstadts hervor, welche die Kommunalpolitik permanent zwingt, die Partikularinteressen der Stadtteile mit der Notwendigkeit der Zentrumsbildung in Einklang zu bringen. Und er erwähnte als zweites Spezifikum das Erbe der Textilindustrie, die Industriebrachen, die man je nach Blickwinkel als Last oder als Chance sehen mag: Ruther-Mehlis zieht natürlich die zweite Option vor und sprach vom "großen Innenentwicklungspotenzial" – so kann man es auch nennen.

Wer unter diesen Umständen Albstadt weiterentwickeln möchte, kommt an diesen Spezifika nicht vorbei. Einerseits braucht jeder Ortsteil seine Infrastruktur, seinen Anteil an Geschäftsleben, Arbeitsplätzen, Wohnraum Schule, Sport und Kultur – andererseits geht es nicht ohne Arbeitsteilung: Auf der großen Albstadtkarte, die hinter Ruther-Mehlis auf die Leinwand projiziert war, stand bei Onstmettingen "Natur" und "Tourismus", neben Tailfingen "Sport" und "Wirtschaftsstandort Talgang", rechts von Truchtelfingen "Vereinsgemeinschaft", über dem Eyachtal "dörflich, ländlich, grün" und neben Ebingen "Das Zentrum", "Bildung" und "Einkaufen" – so mancher wird es mit gemischten Gefühlen gelesen haben, aber die beiden Nürtinger sagen es unverblümt: "Albstadt braucht eine kräftige Mitte." Schwerpunkt der Albstädter Siedlungsentwicklung ist für sie ganz eindeutig die Achse Ebingen-Onstmettingen – Konzentration macht die Wege kurz in einer Stadt, wo sie weiß Gott lang genug sind.

Keine Zentralisierung um jeden Preis – Individualität ist gefragt

Was nicht bedeutet, dass Ruther-Mehlis und Fischer der Zentralisierung um jeden preis das Wort reden – in den fünf Bürgerwerkstätten ist ihnen das Pochen der Albstädter auf ihre Individualität, ihr "Eigen-Sinn", nicht verborgen geblieben, und deshalb sind die 15 Impulsprojekte auch über die ganze Stadt verteilt. Sie zwängen die Stadtteile auch keineswegs ins Korsett der Spezialisierung: Ob es nun die Entwicklung des Schempp-Areals in Lautlingen ist, die grüne Mitte des Straßendorfs Onstmettingen oder das seniorengerechte Wohnen in Pfeffingen und das "hochwertige" im Ebinger Hufeisen – immer wird versucht, den Bedürfnissen und den Möglichkeiten des jeweiligen Stadtteils gleichermaßen gerecht zu werden.

Die Albstädter scheinen denn auch zufrieden zu sein – zumindest legen die Schlussworte der Fraktionssprecher im Gemeinderat diese Annahme nah. Indes nutzten sie die Gelegenheit, eigene Akzente zu setzen: Roland Tralmer (CDU) und Philipp Kalenbach (FDP) hob die Bedeutung des Themas Digitalisierung hervor, Manuela Heider (Freie Wähler) ging auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, und Lara Herter (SPD) machte sich für einen Ausbau des ÖPNV und eine forcierte Kulturförderung stark. Susanne Feil von den Grünen rief die Albstädter auf, aus der Peripherie und von den "Hängen" in die verödeten Ortskerne zurückzukehren, und warb für die Reanimierung der Talgangbahn. Letztere zählt nicht zu den Impulsprojekten von "Albstadt 30". Aber das Stadtentwicklungsprojekt, darüber waren sich alle einig, ist "Work in Progress" und noch lange nicht fertig – vielleicht wird es das nie.