Servieren Liedtexte, die provozieren: Coko und Danito Foto: Retter Foto: Schwarzwälder-Bote

Duo "Coko und Danito" singt und spielt Chansons über Schrecken des Ersten Weltkriegs

Von Anne Retter

Albstadt-Ebingen. "Krieg zeichnen" heißt die laufende Sonderausstellung der Galerie Albstadt, die den Ersten Weltrkrieg aus der Perspektive des "Poilu", des französischen Frontsoldaten, beschreibt. Das musikalische Pendant lieferten am Sonntag die Chansonniers "Coko und Danito".

Die deutsche Sicht auf den Stellungs- und Grabenkrieg an der Westfront vermittelten im Herbst die Grafiken von Otto Dix, die der Franzosen auf den Krieg im eigenen Land vermitteln den Besuchern der Galerie derzeit Frontimpressionen und bissige Karikaturen, die französische Illustratoren in den Nachkriegsjahren schufen, und die "bandes dessinées" nachgeborener französischer Comic-Künstler.

Die musikalische Entsprechung zur bildenden Kunst boten nun Corentin Coko und Daniel Torrico, zwei Chansonniers aus dem Süden Frankreichs, die sich eigens für das Weltkriegsprojekt "Le Cri du Poilu – Der Aufschrei des Soldaten" zusammengetan haben: mit einer ambitionierten Mélange aus Musik, Gesang und Perkussion, szenischer Darstellung und historischer Information. Das Programm, das "Coko und Danito" in Frankreich bereits über 50 Mal aufgeführt haben, umfasst 14 Originallieder französischer Weltkriegssoldaten, die sie zur Begleitung von Akkordeon, Gitarre und Trommel vortragen.

Bei Zeitzeugenaufgespürt

Einen Text hat Guillaume Apollinaire geschrieben, der heute zu den bedeutendsten französischen Lyrikern des 20. Jahrhunderts zählt, andere stammen von anonymen Verfassern und werden zum Teil erstmals der Öffentlichkeit in Frankreich und Deutschland vorgestellt: Corentin Coko hat sie in der französischen Nationalbibliothek und bei Zeitzeugen aufgespürt und von Hand abgeschrieben.

Die Texte sind teilweise sehr poetisch, aber auch sehr drastisch – es geht um Blut und Tod und das Leid junger Männer, die gezwungen sind, einen sinnlosen Krieg zu führen. "Coko und Danito" tragen sie unkapriziös, bodenständig und authentisch vor, mal nachdenklich, elegisch, anrührend, dann wieder laut, energisch und grimmig.

Immer aber transportieren sie Emotionen – nicht nur über die Musik, sondern auch mit ihrer lebhaften und konzentrierten Mimik und mit ihrem szenischen Spiel. Dass auch jene Albstädter Zuhörer diese Lieder verstanden, die des Französischen nur bedingt mächtig sind oder den gesungenen Worten nicht immer zu folgen vermochten, das ist das Verdienst von Cornelia Strauß aus Hamburg. Sie hat alle 14 Texte übersetzt und zusammen mit der Straßburgerin Beate Turcaud – beide Frauen waren am Sonntag zugegen – ein umfangreiches Programmheft gestaltet. Eine wichtige Hilfestellung, welche die deutschen Zuhörer dankbar in Anspruch nahmen, auch wenn die Deutschen in den Liedern nicht immer besonders gut wegkamen.

Dass dieses Konzert zustande kam, ist übrigens ebenfalls Cornelia Strauß zu verdanken. Von Freunden aus Albstadt hatte sie erfahren, dass die Galerie derzeit neben deutscher Kunst zum Krieg auch französische ausstellt, und sofort auf dieses Projekt, dessen Anliegen ihrem so sehr ähnelt, reagiert: "Die Galerie leistet in Bildern das, was Coko und Danito mit ihrer Musik tun. Danke!"