Die Pfeffinger Falken zeigen sich und sind nicht menschenscheu – allerdings hinterlassen sie Unschönes an der Kiche. Foto: Raab Foto: Schwarzwälder Bote

Vogelschutz: Überraschende Mieter im Kasten des Naturschutzbundes ziehen mindestens drei Junge groß

In die katholische Kirche Margrethausen waren sie eingeladen worden, in der evangelischen Kirche in Pfeffingen sind sie eingezogen: Ein Falkenpärchen lebt im Kirchturm und zieht dort mehrere Junge groß.

Albstadt-Pfeffingen. Als einige Mitglieder des Naturschutzbundes, Ortsgruppe Albstadt (Nabu), Mitte Mai im Kirchturm der Kirche Sankt Nikolaus in Pfeffingen Brutkästen anbrachten, da waren sie sich mit Pfarrer Markus Gneiting einig: "Für dieses Jahr sind die Falken durch, dann können die schnellen Greifvögel sich rechtzeitig zum nächsten Frühjahr an einen neuen Brutplatz gewöhnen."

Auch die einschlägige Fachliteratur geht davon aus, dass das Falkenweibchen etwa ab Mitte April bis spätestens Mitte Mai seine Eier in eine vom männlichen Partner – die Paare bleiben meist ein Leben lang zusammen – vorher sorgfältig ausgesuchte Bruthöhle ablegt. Die Falken aber scheren sich nicht um wissenschaftliche Angaben – jedenfalls sind in Pfeffingen gegenwärtig Jungvögel dabei, flügge zu werden.

Mit Dieter Haas, Gerhard Layh und Hans Schaffer hat der Nabu zwar exzellente Kenner der Vogelwelt, doch seit geraumer Zeit zählt auch Lisa Koch zu den Aktiven der Albstädter Gruppe. Sie studiert Biologie an der Universität Tübingen, und die junge Frau ist medienmäßig auf der Höhe der Zeit. Schnelle Recherchen im Internet und die Kommunikation über WhatsApp gehören zu ihrem Handwerk, und so fand sie auch sehr schnell heraus, dass dem Verhalten und der Entwicklungsstufe der Jungvögel nach das erste Ei ziemlich genau Mitte Juni gelegt worden ist. In den nächsten Tagen werden die Jungvögel wohl ausfliegen.

Pfarrer Gneiting folgt seinem Wunderfitz

Ganz genau lässt sich nicht feststellen, wie viele es eigentlich sind. Eine Fotografie von Pfarrer Gneiting, der seinem Wunderfitz gefolgt war und den Brutkasten am 22. Juli öffnete, zeigt etwa zehn Tage alte Küken, die Anzahl ist allerdings nicht erkennbar. Gesichert ist, dass es mindestens drei junge Jäger sind, wahrscheinlich aber vier oder fünf. Und wie es auch bei Menschenkindern ist: Bei den jungen Falken gibt es Unterschiede.

Die einen sind eher ängstlich und bleiben stoisch auf dem Brett vor dem Nistkasten sitzen, bis ein Elternteil Nahrung in Form einer Maus bringt, andere sind da waghalsiger und setzen sich dadurch auch Gefahren aus.

So geschehen erst kürzlich, als einige Nabu-Mitglieder das Geschehen verfolgten. Ein vorwitziger Jungvogel hatte sich schon in die Luft gewagt, was aber gehörig misslang. Weit kam er nicht, sondern landete im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Boden der Tatsachen.

Zunächst hüpfte er unten auf den Grabsteinen herum, schließlich gelang es ihm, sich an der Kirchenwand in geringer Höhe festzuhalten, von dort schaffte er es zu einem nahegelegenen Dach eines Nachbarhauses, ehe ihn die Eltern durch ihr Rufen auf einen Baum lockten und er so gerettet war – für eine umherstreunende Katze hätte er sonst leicht ein gefundenes Fressen werden können. Derweil turnten die anderen abwechselnd oben auf dem Brett, übten schon mal das Flügelschlagen und zogen sich zuweilen in die Bruthöhle zurück. Erstaunlich auch, dass sich die gefiederten Freunde weder vom Schlagen der Kirchturmuhr noch vom Läuten der Glocken beeindruckt zeigten.

Ein Problem ist offen sichtbar

Ein offen sichtbares Problem allerdings verursacht der Vogel mit dem wohlklingenden lateinischen Namen "Falco tinninculus" samt Frau und Nachkommen. Er hinterlässt auf dem Mauerwerk weiße Kotflecken, die möglicherweise den Stein angreifen.

Doch gemeinsam wird für die nächste Brutsaison nach einer Lösung gesucht, schließlich ist mit Pfarrer Markus Gneiting die gesamte evangelische Kirchengemeinde stolz darauf, solche Gäste beherbergen zu können, und an diesem Stolz darf die Nabu-Gruppe Albstadt mit Fug und Recht teilhaben.

Schlussendlich muss noch die Frage geklärt werden, ob der Falke eher zur evangelischen oder zur katholischen Kirche tendiert, denn im benachbarten Margrethausen wurde in der katholischen Kirche schon viel früher ein Kasten angebracht – ohne Erfolg, da flogen eher Tauben um dem Turm. Doch dürfte den Turmfalken die konfessionelle Gesinnung herzlich egal sein, er denkt da eher ökumenisch – und praktisch.

Des Rätsels Lösung dürfte darin liegen, dass in Pfeffingen ein Falkenpärchen in einer benachbarten hohen Fichte schon vorher heimisch war und es für dieses ein Leichtes war, sein Domizil zu verlegen.

Im benachbarten Margrethausen müssen die Falken das kostenlose Quartier erst noch finden – immerhin sind in jüngster Zeit dort auch fliegende Falken beobachtet worden.