Vor 50 Jahren und heute: Lidia und Simon Merks. Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Simon und Lidia Merks aus Tailfingen feiern heute ihre Goldene Hochzeit

Von Martin Kistner

Albstadt-Tailfingen. Eigentlich sind Simon und Lidia Merks schon seit fast 52 Jahren verheiratet – im November 1962 wurden sie in ihrer damaligen Heimat im Norden Kasachstans kirchlich getraut. Doch an der sowjetischen Staatsmacht ging das freudige Ereignis vorbei – erst als im Oktober 1964 die Geburt der ersten Tochter ins Standesregister eingetragen werden musste, fiel auf, dass das Ehepaar Merks rechtlich gesehen gar keines war. Und so wurde noch ein zweiter Standesamtstermin anberaumt, und am 21. Oktober 1964 gaben sich Simon und Lidia noch einmal das Ja-Wort. Heute feiern sie Goldene Hochzeit.

Die Merks sind Russlanddeutsche; allerdings waren ihre Familien unter Stalin nach Kasachstan deportiert worden – die von Lidia bereits Anfang der 30er Jahre im Zuge der landwirtschaftlichen Kollektivierung, die von Simon Merks, die sich in den 30er Jahren im Nordkaukasus niedergelassen hatte, nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941. Simon Merks Vater wurde bald darauf im Ural interniert, der junge Simon verbrachte deshalb einen Teil seiner Kindheit und Jugend in Westsibirien. Erst nach dem Militärdienst kehrte er wieder nach Kasachstan zurück. Dort besuchte er im Sommer 1962 einen Cousin, der in der Nähe von Karaganda zu Hause war – der Ort wurde von Russen und Kasachen "Klein-Berlin" genannt, weil die Wolgadeutschen dort die Bevölkerungsmehrheit stellten. Dort lernte er Lidia kennen; die beiden fanden Gefallen aneinander und heirateten bald darauf – nach katholischem Ritus; der Priester war ein Litauer.

Vor dem Militärdienst hatte Simon Merks eine kurze Zeit Veterinärmedizin studiert, aber dann festgestellt, dass er doch kein Tierarzt werden wollte. Er sattelte auf Elektromechanik um und kam schließlich bei der Bahn unter – alles was mit Elektrik zu tun hatte, war sein Metier; als er 1993 seinen Posten aufgab, um nach Deutschland auszureisen, hatte er gut und gern 30 Mitarbeiter unter sich.

Lidia Simon war gelernte Näherin und hatte bis zu ihrem 50. Geburtstag gearbeitet. Danach wurde sie in den vorzeitigen Ruhestand geschickt – damit honorierte die Sowjetunion damals Kinderreichtum: Familie Merks hatte sieben Sprösslinge, sechs Töchter und einen Sohn.

Die leben heute alle im näheren und weiteren Umkreis von Albstadt: in Bitz, Meßstetten und Stuttgart. 1993 beantragten die Merks – Großeltern, Eltern, Kinder – die Ausreise, im Januar 1994 trafen sie in Hannover ein. Über Empfingen gelangten sie nach Trochtelfingen und schließlich nach Albstadt, wo bereits Simon Merks’ älterer Bruder eine neue Heimat gefunden hatte.

19 Jahre später wohnen Simon und Lidia Merks in ihrem Eigenheim in der Tailfinger Heutalstraße. Das Gebäude hat viele Zimmer, doch sind sie größtenteils unbewohnt, denn die Kinder sind natürlich längst erwachsen, aus dem Haus und selber Eltern – elf Enkel haben die Merks; Simon Merks präsentiert mit Stolz das große Familienfoto. Nicht alle, aber doch viele werden sie heute bei sich zu Gast haben, ohne deshalb allzu viel Aufhebens von ihrer Goldenen Hochzeit zu machen. Denn eigentlich sind sie ja schon seit 52 Jahren verheiratet.