"Schuldig": Richter Schwarz verurteilt am Montag den Albstädter, der in der Neujahrsnacht 2015 seinen Bruder durch Messerstiche tödlich verletzt hatte, zu einer Gefängnisstrafe. Foto: Maier

Landgericht Hechingen verurteilt Albstädter, der seinen Bruder erstach, zu vier Jahren Gefängnis.

Hechingen/Albstadt - Direkt nach der Urteilsverkündung klickten am Montag im Hechinger Gerichtssaal die Handschellen: Der 53-jährige Albstädter, der in der Neujahrsnacht 2015 seinen Bruder erstochen hatte, muss ins Gefängnis.

Das Landgericht Hechingen, wo die schreckliche Bluttat zum zweiten Mal verhandelt wurde, sah es als erwiesen an, dass der 53-Jährige die tödlichen Messerstiche – zwei davon in die Lunge, einen ins Herz – in der Nacht auf den 1. Januar 2015 in seiner Wohnung an der Straße Am Markt in Tailfingen in voller Absicht und im Wissen um deren todbringende Wirkung gegen seinen Bruder gesetzt hatte. Das Urteil: vier Jahre Haft wegen Totschlags. Damit kam die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Schwarz zu einem anderen Urteil als jene, die den Albstädter im Juli 2015 freigesprochen hatte. Richter Anderer hatte dieses Urteil, gegen das die Staatsanwalt Revision eingelegt hatte, damals damit begründet, dass Notwehr nicht ausgeschlossen werden könne.

Genau das aber schloss nun Richter Schwarz aus: Zwar habe es in der Neujahrsnacht 2015 zwischen dem Angeklagten und dessen Bruder einen heftigen Streit gegeben, in dessen Verlauf der später Getötete seinen jüngeren Bruder in dessen Wohnung kräftig vermöbelt habe. Jedoch stehe nach Auswertung der objektiven Spuren am Tatort fest, dass dieser Streit beendet gewesen sei, als der heute 53-Jährige seinen Bruder durch die Wohnung verfolgt und ihn dann mit zwei Messern attackiert habe. Das Opfer habe demnach die Wohnung nach dem vorangegangenen Streit verlassen wollen, als er unvermutet – Abwehrverletzungen wurden nicht festgestellt – von hinten angegriffen worden sei.

Die Stiche seien laut den Gutachtern mit großer Wucht gesetzt worden, so Schwarz; das legten die "erheblichen Stichkanallängen" sowie der Umstand nahe, dass eines der beiden Messer dadurch abbrach. Die beiden Stiche, die die Lunge verletzten, seien kurz nacheinander ausgeführt worden – so kurz, dass ein Teil der Klinge zwischen dem ersten und zweiten Stich im Körper verblieben war.

Richter Schwarz sagte, er und die Kammer gingen davon aus, dass der 53-Jährige "im Zorn" gehandelt habe: Er habe das in der Vergangenheit immer wieder und in der Neujahrsnacht durch die Prügel erneut akute Unterlegenheitsgefühl gegenüber dem älteren Bruder "ein für alle Mal beenden" wollen. Eine Rolle in seinem Furor habe wohl auch die Alkohol- und Drogenabhängigkeit gespielt, so Schwarz; gleichwohl aber habe er als gelernter Metzger, der um die Wirkung und Gefährlichkeit von Messern wusste, erkannt, was er da tat.

Neben einer Gefängnisstrafe von vier Jahren ordnete die Hechinger Kammer die Unterbringung des 53-Jährigen in einer Entziehungsanstalt an. Der Aufenthalt dort dürfte nach Einschätzung eines Sachverständigen wohl zwischen 18 und 24 Monaten dauern; abzüglich der bereits verbüßten sechsmonatigen Untersuchungshaft wäre der Verurteilte damit nach erfolgreichem Alkohol- und Drogenentzug ein freier Mann. Richter Schwarz äußerte die Hoffnung, dass der 53-Jährige den Entzug hinter sich bringt und dann, nach einer mehr als 30-jährigen Alkohol- und Drogensucht und dieser "Tragödie", einen anderen Weg im Leben einschlagen werde.