Das Buch und die, denen es seine Existenz verdankt, Autor Gerhard Hauser (rechts) und Stadtarchivarin Dorothea Reuter. Links im Bild Klaus Konzelmann, der Oberbürgermeister. Fotos: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Literaturtage: Gerhard Hauser hat ein Buch über die "Vorgeschichte" von Albstadts Gründung verfasst

Zwölf Tage lang haben sich die Albstädter an Literatur erbaut, die zum allergrößten Teil von auswärts kam – am letzten Abend ihrer Literaturtage bekamen sie in der Tailfinger Technologiewerkstatt ein Buch präsentiert, das ganz und gar ihres ist: von Albstadt über Albstadt für Albstadt.

Albstadt-Tailfingen (müb). Sogar der Titel lautet "Albstadt" – und ist damit ein wenig missverständlich, denn die Geschichte, die das Buch erzählt, endet just im Jahre der Stadtgründung, also 1975. Mehr als ein Vierteljahrhundert ist verstrichen, seit Gerhard Hauser vom damaligen Oberbürgermeister Hans Pfarr den Auftrag erhielt, die Geschichte des heutigen Albstadts von der Industrialisierung bis zum Vollzug der Gemeindereform zu schreiben. Hauser vertiefte sich ins Quellenstudium, unter anderem im Sigmaringer Staatsarchiv, und verfasste einen Text. Doch dann verlor der Auftraggeber, die Stadt, das Interesse an dem Projekt – dem Vernehmen nach aus finanziellen Gründen – , und so verschwand Hausers Manuskript in der Schublade. Erst vor zwei Jahren wurde es wieder hervorgeholt, der einstige Stadtarchivar Peter Thaddäus Lang überarbeitete und bebilderte es, und seine Nachfolgerin Dorothea Reuter sorgte – in ihrer Freizeit – für den Feinschliff. Jetzt ist es erschienen – das geeignete Geburtstagsgeschenk für Albstadt, das ins Schwabenalter kommt, wie geschaffen für den krönenden Abschluss der Literaturtage.

Zur Buchvorstellung waren zahlreiche Zuhörer in den Vortragsraum der Technologiewerkstatt gekommen – oder richtiger: Zuschauer, den Dorothea Reuter ließ zu ihren Ausführungen auch Kurzfilme laufen, in denen längst vergangene Jahrzehnte wieder zum Leben erwachten. Hinzu kamen die Fotos: Das Publikum bekam eine Industriestadt in ihren Anfängen zu sehen, deren viele Fabriken sich auf kleinster Fläche drängten – und die einstige Bonifatiuskirche in unmittelbarer Nachbarschaft der Bahnstrecke. Reuter berichtete ihrem konsternierten Publikum von Arbeiterunruhen in der Weimarer Republik – sie selbst, bekannte sie, sei überrascht gewesen, als sie las, dass im Jahre 1923 Steine auf Fabriken und Industriellenvillen geflogen seien und die KPD einigen Zulauf unter den Industriearbeitern gehabt habe.

Im Gleichschritt in die Katastrophe

Es folgte das Dritte Reich und die Zeit der methodischen Indoktrinierung – besonders die Kinder kamen in ihren "Genuss", denn, so Reuter, "hatte man sie, dann hatte man alle". Erst nach dem Krieg – Bilder von einem Kinderfest in der Gartenstraße des Jahres 1950 belegen es – hatte es ein Ende mit dem Gleichschritt. Den Nachkriegsjahren folgte das Wirtschaftswunder und ihm die Kommunalreform, die den mehr oder weniger freiwilligen Zusammenschluss der heutigen Albstädter Ortsteile brachte. Es ging nicht ohne Zähneknirschen ab; Pfeffinger und Onstmettinger, so Reuter, waren alles andere als begeistert über den Verlust der Selbstständigkeit. Das Buch endet gleichwohl mit der Perspektive, "dass aus dem Nebeneinander ein vernünftiges Miteinander werden müsse".

40 Jahre ist das her – heute freut sich Klaus Konzelmann, der Oberbürgermeister, der aus dem zuallererst eingemeindeten Ortsteil Truchtelfingen stammt, dass Albstadt nun ein "sehr gutes Geschichtsbuch" habe, das sich auch von hinten lesen lasse. Reuter überreichte dem Autor zum Dank einen Erstdruck seines Buches.

Dieser firmiert übrigens als Band 1 – es soll eine Fortsetzung geben. Das Buch ist ab sofort in allen Buchhandlungen Albstadts und in sämtlichen Ortsämtern erhältlich.