Die Agenda 2010 beschäftigt auch die Jusos nach wie vor intensiv. Foto: Hiekel Foto: Schwarzwälder-Bote

SPD: Benjamin Knöpfle bei den Jusos

Albstadt-Ebingen. Gastreferent in der jüngsten Sitzung der Albstädter Jusos war Benjamin Köpfle, Mitglied der Antragskomission der baden- württembergischen SPD, sein Thema die Agenda 2010. Seit Martin Schulz, Spitzenkandidat für die anstehende Bundestagswahl, ankündigt habe, Fehler der Agenda korrigieren, werde "eine skurrile Debatte" um eine Agenda geführt, die, der Name signalisiere es, längst Vergangenheit sei. Wenn man jetzt Korrekturen vornehme, dann nicht, weil damals etwas falsch gelaufen sei, sondern weil eine Selbstvergewisserung Not tue: "Wo stehen wir heute?" Als die Agenda beschlossen wurde, sei Deutschland in einer schwierigen Lage gewesen, habe unter geringem Wirtschaftswachstum, hohen Lohnnebenkosten, hohen Arbeitslosenzahlen und – als Folge der Wende – drückenden Schulden gelitten. Ausgerechnet eine von der SPD geführte Regierung habe damals die Sozialleistungen gekürzt, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe reformiert, Steuern gesenkt und den Arbeitsmarkt flexibilisiert, um die deutsche Wirtschaft international wieder konkurrenzfähig zu machen. Ihrem Ruf als Anwältin des kleinen Mannes und der Arbeitnehmerinteressen hat das nicht gut getan. Besonders die Arbeitsmarktreform unter der Devise "Fördern und Fordern", so Köpfle weiter, belaste bis heute die Sozialdemokratie, und die Agenda werde, nicht ganz zu Unrecht für die Zunahme befristeter Arbeitsverträge, schlecht bezahlter Minijobs, Leiharbeit, die damit verbundene finanzielle Unsicherheit und steigende soziale Spannungen im Land verantwortlich gemacht. Allerdings, schränkte Köpfle ein, könne man nicht alles auf die Agenda schieben: Viele dieser Phänomene seien Folgen der Globalisierung und des verschärften internationalen Wettbewerbs, in dem sich Deutschland auch dank des flexiblen Arbeitsmarkts gut behaupte – dass Deutschland die große Krise 2008/2009 relativ unbeschadet überstanden habe, sei nicht zuletzt ihm zu verdanken, wenngleich das für die von Zeit- und Leiharbeit Betroffenen ein schwacher Trost sei.

Über Sinn und Effizienz zu streiten ist nicht zielführend

Fazit: Sieben Jahre nach 2010 sei es nicht zielführend, über Sinn und Effizienz der Agenda 2010 zu streiten; vielmehr gelte es, die aus der Agenda resultierenden Probleme anzugehen – wie es Martin Schulz ja tue. Soviel sei klar: Die Agenda und ihre Folgen würden auch im Wahlkampf eine Rolle spielen; der Zusammenhang zwischen sozialen Abstiegsängsten und dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien liege auf der Hand. Aber gerade deshalb sei die SPD jetzt aufgerufen, nicht in ewigen Selbstzweifeln über die Agenda zu verharren, sondern eine tragfähige Zukunftsvorstellung anzubieten.