Fußballfan und Fachmann: Kabarettist Klaus Birk Foto: Schwarzwälder-Bote

Kritik, Kaufhaussterben und Kabarett bei der Jahrestagung der "Wirkerei-Strickerei"

Von Karina Eyrich

Albstadt-Tailfingen. Zwei neue Mitglieder, eine gelungene Bilanz-Rede und viele neue Erkenntnisse über Frauen und Fußball: Die Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei Albstadt hat gestern Abend getagt.

"Denk’ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht..." – der Beginn der Bilanz des Geschäftsjahres 2014 der Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei Albstadt, die Geschäftsführer Rainer Lopau gestern Abend gezogen hat, ließ nichts Gutes erahnen. Doch weit gefehlt: Heinrich Heines Worte waren nur der Auftakt zu einem Seitenhieb in Richtung EU und ihre Griechenland-Politik, die nicht unerheblich ist für die Textilproduzenten der Region.

Trotz all dieses "Chaos" – dass das Wort griechischen Ursprungs sei, vergaß Lopau nicht zu betonen – sei die deutsche Wirtschaft 2014 um 1,6 Prozent gewachsen, seien die Preise stabil und die Taschen der Verbraucher gefüllt – auch dank einer sehr niedrigen Arbeitslosenquote. Der Textilhandel sei um 1,3 Prozent gewachsen, die Märkte für Bekleidung allerdings "schlicht gesättigt" und die Marktpotenziale enger als früher. Der Grund: Der Facheinzelhandel sterbe weg, viele Läden stünden leer oder seien von omnipräsenten Ketten belegt. Den großen Kaufhäusern gehe es nicht besser. So stagnierten die Märkte der Textilhersteller in Europa, seien im Süden gar rückläufig.

Die Lösung sieht Lopau in der Entwicklung innovativer Produkte und dem Wachstum auf neuen Märkten, etwa den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Freihandelsabkommen mit den USA – TTIP – wünscht sich Lopau, trotz aller Kritik daran, denn auch die USA seien ein riesiger Markt.

Dann zoomte Lopau heran: Um 3,8 Prozent sei die baden-württembergische Textilindustrie 2014 gewachsen, um 1,6 Prozent jene in der Region. Um knapp zwei Prozent hätten die Hersteller technischer Textilien zugelegt – ein Feld mit "erheblichen Marktchancen". Die wenigen verbliebenen Hersteller von Sport- und von Kinderbekleidung hätten gar deutlich zugelegt. Die Wäschehersteller freilich, die Lopau als "Schwarzbrot" der regionalen Branche bezeichnete, hätten 2014 eine schwarze Null geschrieben: mit 0,3 Prozent Wachstum.

Gleich geblieben sei mit 3580 die Zahl der Beschäftigten. Rechne man Bodelshausen, den Sitz von "Marc Cain", hinzu, gebe es sogar einen Zuwachs von drei Prozent.

Wie geht es weiter? Das Inlandsgeschäft hat die Branche im April 2015 auf das Vorjahresniveau heruntergezogen, doch die Nachfrage ziehe wieder an: 2,1 Prozent hoch ist das Plus bei Auftragseingängen. Dafür liege der Einbruch beim Exportgeschäft bei zehn Prozent. Doch Lopau – "von Berufs wegen Optimist" – glaubt an die Fortsetzung der "Erfolgsstory der vergangenen Jahre". Und dichtete Heinrich Heine entsprechend um: "Gottlob, durch meine Fenster bricht deutsches heiteres Tageslicht."

Florian Mey und Hans-Jürgen Speidel kommen neu in den Vorstand

Bereits vor seiner kurzweiligen Rede hatte die Fachvereinigung ihren Vorstand um Florian May von "mey bodywear" in Lautlingen und Hans-Jürgen Speidel von der Speidel GmbH in Bodelshausen ergänzt und Martina Bandte von der Tailfinger Karl Conzelmann GmbH & Co. KG sowie Matthias Eschler von der gleichnamigen Balinger Textil GmbH bestätigt.

Ehe das Essen serviert wurde, servierte Kabarettist Klaus Birk noch leichte Kost und erklärte, ganz branchenspezifisch, den Unterschied der Kleidungseinkaufstouren von Männern alleine – der Befehl laute "Hos’!" und der nächste "zahlen!" – und Paaren: Habe eine Frau, die ihrem Mann einen "rasend schlechten Geschmack" zuschreibe, sich schon mal gefragt, warum er dann mit ihr zusammen sei?

Außerdem wusste er die schlechte Saison des VfB zu erklären: "Vorne kann Stuttgart nicht mitkicken, und wer seine Fans bei der Stange halten will, muss im Abstiegskampf dabei sein!"