Gespannt lauschen die Teilnehmer den Ausführungen des Wissenschaftlers. Fotos: Ziechaus Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Rüdiger Glaser referiert über mehr als 1000 Jahre Klimageschichte / Entwicklung verzögern

Handlungsstrategien erhofft sich Bürgermeister Michael Lehrer aus den Vorträgen zu Auswirkungen des Klimawandels. Einige Windungen "auf dem langen Pfad zu Klimaaussagen" hat Rüdiger Glaser in seinem Vortrag zur Klimageschichte aus mehr als 1000 Jahren vorgestellt.

Aichhalden. Auf Einladung der LEVs und des Landwirtschaftsamts im Kreis Rottweil sollten bei den Vorträgen im Aichhalder Rathaus (wir berichteten) besonders die Auswirkungen steigender Temperaturen auf die Landwirtschaft dargestellt werden.

Rüdiger Glaser, Professor der Uni Freiburg, hatte aus Aufzeichnungen von Äbten, Bauern und Pfarrern in mittelalterlichen Chroniken die Klimageschichte erforscht und stellte sie in Bezug zu aktuellen Klimaereignissen. Die Menschheit lebe seit etwa 12 000 Jahren in einer Warmzeit, in der das Klima unter anderem beeinflusst werde durch Meeresströmungen, Sonnenaktivitäten und Vulkanausbrüchen.

So machte ein Vulkanausbruch das Jahr 1816 zu dem "Jahr ohne Sonne" – mit Ernteausfällen und Hungersnot, die in der Folge zu einer Auswanderungswelle aus Deutschland führten. Seit etwa 150 Jahren lasse sich ein schneller, starker Temperaturanstieg belegen – durch vom Menschen verursachte Treibhausgase. Zwischen 1761 und 1970 lag in Deutschland der Mittelwert der Temperaturen bei 8,9 Grad Celsius. Seither sei fast überall in Europa ein Anstieg der Temperaturen nachzuweisen. Die wärmsten Jahre seit 1881 waren die Jahre 2014 mit Mittelwerten von 10,3 und 2018 mit 10,4 Grad Celsius.

Starkregen könnte vermehrt auf Trockenperioden folgen

Dieser Temperaturanstieg führte in Mitteleuropa zu einer Verlängerung der Vegetationsperioden und zu tierischen Einwanderern aus dem Mittelmeerraum wie die bunten Vögel der Bienenfresser oder die grüne Smaragdeidechse, aber auch die Tigermücke. Im Winter sei mit um die 20 Prozent höheren Niederschlägen zu rechnen, bei ähnlich hohem Rückgang im Sommer. Eine Zunahme der Sonnentage führe auch zu mehr Tropennächten mit Temperaturen über 20 Grad Celsius. Ein Rückgang von Frosttagen sei zu erwarten.

Trockenperioden von mindestens fünf Tagen ohne Niederschlag könnten vermehrt von Starkregen abgelöst werden. Insgesamt gebe es deutliche Verlierer in der Wintersaison, während der Tourismus im Sommer attraktiver werde. Trotz dieser Prognosen könne mit konsequentem Klimaschutz die Erderwärmung zumindest verzögert werden, beantwortete Rüdiger Glaser die Frage einer Zuhörerin. Die Menschen hätten so viel Wissen und Kapital und könnten ihr Verhalten an die Entwicklung anpassen. Selbst kleine Schritte jedes Einzelnen könnten etwas verbessern – wörtlich genommen könnte man öfter das Auto stehen lassen und auch auf Spargel aus Übersee verzichten.