Ralf Özkara sieht sich im Moment vor allem als Mediator in der AfD. Foto: Horst Rudel

Ralf Özkara hat als AfD-Landeschef ein schweres Amt übernommen. Er muss die verschiedenen Strömungen der Partei einen. Das werde gelingen, ist er überzeugt – wenn sich die Mitglieder auf die Sachpolitik konzentrieren.

Stuttgart - Die AfD verliert in den Umfragen immer weiter an Zustimmung. Doch Ralf Özkara, neuer Landeschef der Partei, gibt sich demonstrativ gelassen. Die Partei werde mit rund 15 Prozent in den Bundestag einziehen, sagt er optimistisch.

Herr Özkara, Sie sind jetzt seit wenigen Wochen Chef der Landes-AfD. Was wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Die Führung des Landesverbandes hat zunächst einmal wenig mit Politik zu tun, das ist viel Organisation und Sacharbeit. Wir bereiten zum Beispiel den Wahlkampf für die Bundestagswahl vor, da müssen Hallen angemietet werden für Veranstaltungen.
Nebenher müssen Sie aber auch eine Partei führen, die als ziemlich zerstritten bezeichnet werden kann.
Da würde ich widersprechen. Diese Lagerbildung, die uns oft nachgesagt wird, hat relativ viel zu tun mit einzelnen Personalien, bei denen ein gewisser Dissens herrscht. Nehmen wir den Fall des Abgeordneten Gedeon. Die Spaltung der Fraktion war damals nicht die Spiegelung der Partei. Es ging um den Umgang mit dem, was er sagte und tat. Meine Wahl auf dem Parteitag in Sulz ist das beste Beispiel, dass wir programmatisch zusammenarbeiten können. Ich hatte Unterstützung vom national-konservativen Flügel, aber auch aus dem liberalen Lager.

Der Streit um Björn Höcke

Auch im Fall von Björn Höcke gibt es einen Dissens in der AfD. Geht es dabei auch nur um den Umgang mit Parteimitgliedern oder doch vor allem um die politische Richtung, die der AfD-Landeschef aus Thüringen eingeschlagen hat?
Ich halte das Parteiausschlussverfahren für falsch. Es ist das schärfste Schwert des Parteiengesetzes und darf nicht leichtfertig gezogen werden. Es darf auch nur dann eingesetzt werden, wenn es Aussicht auf Erfolg hat – das hat es in diesem Fall aber nicht. Eine Rüge hätte genügt.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Mann auffällig wird. Wie viele gelbe Karten will man ihm denn noch zeigen?
Im Fall Höcke muss ich sagen, dass gelbe Karten gezeigt wurden, wo sie nicht notwendig waren. Es gab also auch eine Art Schiedsrichterversagen. Ich habe mich in den vergangenen Wochen mit Björn Höcke unterhalten und bin mir sehr sicher, dass wir in diese Richtung nichts mehr zu erwarten haben.
Legen Sie dafür die Hand ins Feuer?
Ich lege für niemanden auf dieser Welt die Hand ins Feuer – außer für meine Frau und meinem Sohn!
Ist es aus ihrer Sicht akzeptabel, wenn AfD-Politiker bewusst mit völkischen Begriffen operieren?
Wer mich kennt, der weiß, dass das für mich nicht akzeptabel ist. Wir müssen etwas trennen zwischen Inhalt und der Art, wie etwas gesagt wird.
Aber wie soll man das trennen? Höcke benutzt einen völkischen Jargon, gepaart mit einem übertriebenen Pathos, da passt beides doch zusammen.
Da haben Sie Recht – Begrifflichkeit und Präsentation passen in diesem Fall zusammen. Aber das wird auch in der AfD verurteilt. Was ihm um die Ohren geschlagen wurde, war die Aussage zum „Mahnmal der Schande“. Ich bin weit davon entfernt zu versuchen, irgendwelche Aussagen zu relativieren. Aber wenn man sich die Dresdner Rede ansieht, dann meint er ein Mahnmal für eine Schande, die in Deutschland passiert ist. Nicht das Mahnmal ist eine Schande. So kam das bei mir an, als ich die Rede zum ersten Mal gehört habe.
Können wir uns auf die Formulierung einigen, dass bei Björn Höcke bisweilen eine Grenze erreicht ist, die auch für Sie problematisch ist?
Einverstanden. Es ist aber auch so, dass die AfD sehr auf Björn Höcke reduziert wird. Das finde ich nicht immer fair. Der Mann ist Chef eines Landesverbandes. Er hat sonst keine Funktionen auf Bundesebene.
Aber Höcke ist nicht irgendein Politiker, er ist das Gesicht des national-konservativen Flügels in der AfD.
Er ist natürlich das Gesicht des Flügels. Aber der Flügel ist nicht die Mehrheit unserer Partei.
Wir stark ist der Flügel in der Partei in Baden-Württemberg?
Wenn ich schätzen müsste: 25 bis 30 Prozent. Aber auch da gehen die Meinungen weit auseinander.

Rückgang der Umfragewerte

Die AfD beschäftigt sich sehr mit den internen Streitigkeiten. Währenddessen rutschen die Umfragewerte langsam nach unten. Für Sie ein Anlass zur Sorge?
Ich mache mir um die Umfragewerte wenig Gedanken. Nehmen wir den Parteitag in Essen vor zwei Jahren, als sich die Partei gespalten hat und Frauke Petry zusammen mit Jörg Meuthen die Führung von Bernd Lucke übernommen hat. Damals waren wir bei drei Prozent und es waren nur noch ein paar Monate bis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg. Wir haben uns zusammengerauft und wir haben es hier im Land auf rund 15 Prozent geschafft.
An was liegt der Rückgang der Umfragewerte im Moment. Ist das der Höcke-Effekt oder der Schulz-Effekt?
Nein, das ist der Streiteffekt. Ich mache die Erfahrung, wenn ich mit Nicht-AfD-Leuten spreche, machen sie den nach außen getragenen Streit dafür verantwortlich.
Frauke Petry sucht auf dem Bundesparteitag in Köln offensichtlich die Konfrontation mit ihren parteiinternen Rivalen Gauland und Höcke. Kommt es zum Showdown, droht sogar die erneute Spaltung?
Von einer Spaltung sind wir weit weg. Wir lassen den Parteitag in Köln jetzt erst einmal auf uns zukommen.
Wie sollen die Grabenkämpfe auf Bundes- und Landesebene eingedämmt werden? Das Führungspersonal im Bund scheint heillos zerstritten.
Das System, das wir in Baden-Württemberg versuchen, kann funktionieren. Der Weg muss heißen: zurück auf die Sachebene. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, das kann auch im Bund funktionieren. Dazu müssen allerdings persönliche Befindlichkeiten hinten angestellt werden.
Aktuell kämpfen Sie gegen den Abwärtstrend. Kann es für die AfD in Sachen Einzug in den Bundestag noch eng werden?
Da bin ich ganz gelassen. Ich prophezeie, dass wir mit 15 Prozent in den Bundestag einziehen werden – nicht viel mehr, aber auch nicht viel weniger.