Die Mitwirkenden des Theaterstücks und die Verantortlichen des Festakts freuten sich über die gelungene Feier. Foto: Köhler

Mit Musik, Reden, Film und einem Theaterstück haben Mahlberg und Orschweier ihr Eingemeindungsjubiläum gefeiert. Dabei wurde deutlich: Innerhalb der vergangenen 50 Jahre ist aus zwei Orten eine Gesamtgemeinde geworden.

Unter all den zahlreichen Ehrengästen, deren Namen beim öffentlichen Festbankett in der Orschweierer Mehrzweckhalle am Bildschirm durchliefen, hob Mahlbergs Bürgermeister Dietmar Benz einen besonders hervor: Ruth Hehr, die Witwe des verstorbenen Altbürgermeisters Ulrich Hehr, der den Eingemeindungsvertrag damals für die Mahlberger Seite unterzeichnet hatte.

Weitreichende Entscheidung getroffen: Mit der Vertragsunterzeichnung am 10. Februar 1972 und dessen Inkrafttreten am 1. Juli 1973 hätten Hehr und Orschweiers Bürgermeister Rudolf Loosmann „keine leichte Entscheidung“ getroffen, betonte Benz in seiner Eröffnungsrede. Vielmehr sei es „eine sehr verantwortungsvolle und weit in die Zukunft reichende Entscheidung für die politisch Verantwortlichen und die Bürgerschaft gewesen“. An der Eingemeindung selbst führte kein Weg vorbei: Gemeinden, die sich nicht freiwillig eingemeindeten, drohte ab Juli 1974 die Zwangseingemeindung. Aufgrund der Lage und des Bahnhofs war Orschweier heiß begehrt gewesen und konnte frei zwischen Ettenheim und Mahlberg wählen. So fiel die Wahl für Mahlberg mit 5:4 Stimmen denkbar knapp aus. „Heute, fünf Jahrzehnte nach dieser Entscheidung, möchte ich aus meinen Erfahrungen feststellen, dass es eine sehr gute Entscheidung war und sich die Eingemeindung zur Stadt Mahlberg gelohnt hat“, erklärte Benz. Sowohl auf politischer als auch auf Vereins- als auch auf gesellschaftlicher Ebene habe man - trotz kleiner Animositäten und Sticheleien am Anfang - inzwischen zusammengefunden.

Mehrzweckhalle bleibt erhalten: Alle Versprechen aus dem Eingemeindungsvertrag wurden eingehalten, stellte Benz fest. In seiner Aufzählung sprach er auch die Orschweierer Mehrzweckhalle an. Man werde dieses – damals als Eingemeindungsgeschenk titulierte – Gebäude auch 50 Jahre nach der Eingemeindung nicht verfallen lassen, auch wenn dessen Sanierung die Gemeinde einen einstelligen Millionenbetrag kosten werde, versprach Benz.

So kam der Bürgermeister zu folgendem Fazit: „Wir sind gut aufgestellt und die damalige Entscheidung war richtig. Heute dürfen wir mit Fug und Recht von einem erfolgreichen Zusammengehen sprechen und den Vätern der Eingemeindung Danke für diese Weitsicht sagen.“ Wenn gleich Benz nicht verschwieg, dass es auch jetzt noch die ein oder andere kritische Stimme gebe – aber das sei zu verschmerzen. Zugleich nahm der Bürgermeister auch seine Bürger in die Pflicht: Das zukünftige Miteinander und die Weiterentwicklung des Gemeinwesens stünden und fielen mit dem Engagement jedes Einzelnen – sei es etwa im Gemeinde-, im Ortschaftsrat oder in den Vereinen.

Zeitzeugen kommen in Film zu Wort: Die Zeitzeugen Horst Baum, Reinhard Bösch, Adolf Kühnle, Edeltraud Straub, Beatrix Sannert und Pirmin Obergföll schilderten in einem Film lebhaft, wie sie die Eingemeindung erlebt hatten. Zusammengestellt hatte diesen Frank Erny aus Kappel-Grafenhausen. Während man in vielen Dingen wie der Jugendarbeit in den Vereinen und der Feuerwehr schließlich eine Gemeinschaft geworden sei, gebe es bei der Geselligkeit nach all den Jahren noch Unterschiede: Während die Orschweierer ihre Feste ausgelassen feierten, tue sich Mahlberg damit schwer, wenn sie auch fleißig mithelfen würden. Achim Schwab besang im Film das Ehejubiläum mit einem Lied. „Auch wenn es gebraucht hat, Orschweier und Mahlberg sind nun eine Gemeinde und eine Stadt, das Zusammenleben funktioniert“, konstatierte Orschweiers Ortsvorsteher Bernd Dosch, der als Dorfbott reimend und humorvoll durch das Festbankett moderierte.

Auch 2073 gibt’s noch Ärger mit der Bahn: Wie die Feier zu 100 Jahre Eingemeindung aussehen könnte, stellte Eberhard Busch humorvoll in einem Theaterstück dar. Die Theatergruppe, die zur 800-Jahr-Feier Mahlbergs so viel Applaus eingeheimst hatte, hatte sich erneut zusammengefunden. Auch bei den Jubiläumsfeierlichkeiten erntete sie viel Applaus und viele Lacher. Im Stück sind Mahlberg und Orschweier immer noch eine harmonische Gesamtgemeinde – und waren so erfolgreich, dass sie inzwischen einige Nachbargemeinden und Offenburg eingemeindet haben. Als eine solche Großgemeinde brauchte man natürlich auch einen entsprechend repräsentativen Bahnhof, der sich mit weiteren 21 unterirdischen Gleisen unterhalb des noch stehenden Orschweierer Bahnhofsgebäudes befindet. Doch trotz all diesen Erfolges scheint bei der 100-Jahr-Feier nicht alles zu klappen: Der Stuttgarter Abgeordnete hat den Förderscheck für Bürgermeister Bernd Dosch junior nicht dabei. Zum Ärger von Bahnvertreterin Noberta Mehdorn demonstrieren Mahlberger und Orschweierer für den Erhalt ihres alten Bahnhofgebäudes, das abgerissen werden soll. Die Rede des tattrigen 114-jährigen Altbürgermeisters Dietmar Benz (gespielt von Achim Berner) ist hingegen unter anderem aufgrund von Lautsprecherdurchsagen – die Züge der DB sind 2073 immer noch um Stunden und nun sogar um Tage zu spät – kaum zu verstehen. Schließlich stellt sich auch noch heraus, dass der neue unterirdische Bahnhof ernsthafte Baumängel hat. Als das Chaos perfekt scheint, schaltet der Altbürgermeister wieder zurück ins Jahr 2023. Dort sangen dann alle Schauspieler mit dem Publikum einig das Badner Lied.

Zum Abschluss gibt’s Grußworte: Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Grüne), die auch für ihre anwesenden Bundestagskollegen Yannick Bury (CDU) und Johannes Fechner (SPD) sprach, betonte: „Was hier in Mahlberg und Orschweier geschaffen wurde, kann man nur hervorheben“. Man habe eine gute Gemeinschaft und eine positive Entwicklung vorzuweisen. Benz habe immer den kritischen Austausch mit Land und Bund gesucht und man habe an vielen Stellen gute Lösungen finden können. Zugleich bat sie die Bürger, sich bei den Kommunalwahlen 2024 aktiv einzubringen. AfD-Bundestagsabgeordneter Thomas Seitz war es „eine Ehre anlässlich des Jubiläums sprechen zu dürfen“, denn er habe eine persönliche Beziehung zu Orschweier: Seine Eltern hätten dort ihre erste Wohnung gefunden und er sein erstes Lebensjahr dort verbracht – daran habe er keine Erinnerungen. Auch die erste gemeinsame Wohnung mit seiner Frau habe er in Orschweier gefunden – woran er sehr gute Erinnerungen habe.

Dank für Vergangenheit, Segen für Zukunft: „Heutzutage wäre der Ort des Kirchgangs wohl keine Entscheidungsgrundlage mehr“, merkte der katholische Pfarrer Matthias Ibach an. Er spielte damit darauf an, dass die Orschweierer sich damals auch für Mahlberg entschieden hatten, weil sie dort zur Kirche gingen. Ibach ging darauf ein, wo und wie man auch heutzutage noch Gottes Wirken erfahren könnte. Der evangelische Pfarrer Jörg Herbert erklärte, dass man in den vergangenen 50 Jahren einen Segen erlebt habe, für den es Gott zu danken gelte. Zugleich gelte es aber auch, ihn um seinen Segen für die Zukunft zu bitten. Passend brachte Ibach die Festgemeinde dazu „Viel Glück und viel Segen“ zu singen – sogar dreistimmig im Kanon.

Beim Buffet, für das sich die KJG Orschweier verantwortlich zeichnete, ließen die Festgäste die Veranstaltung ausklingen. Dabei galt es auch eine Bilderwand mit Impressionen aus den vergangenen 50 Jahren zu betrachten.

Viel Musik

Bei der Jubiläumsfeier wurde deutlich, welche große musikalische Vielfalt die beiden Orte zu bieten haben: Den Anfang machten der MGV und Singkreis Orschweier. Sie trugen unter der Leitung von ihrer Vorsitzenden Marianne Bellinghausen unter anderem das Orschweirer Lied „Mitten im Dörflein vor“. Die Klarintettengrupe des Musikvereins Mahlberg begeisterte bei mehreren Auftritten ebenfalls. Nur ein Jahr jünger als die Eingemeindung ist der Musikzug Orschweier, der für Stimmung sorgte. Während des Essens unterhielt humorvoll das Buurequartett Reichenbach, damit die ortseigenen Vereinsmitglieder mitfeiern konnten.